Neue Regierung

Von | 19. September 2014
Die neue polnische Ministeriräsidentin Ewa Kopacz.  Foto: Jarosław Kruk/Wikipedia

Die neue polnische Ministeriräsidentin Ewa Kopacz. Foto: Jarosław Kruk/Wikipedia

Dass nach der geplanten Ernennung von Premier Tusk zum EU-Ratspräsidenten Polen einen neuen Premierminister braucht war klar. Dass die bisherige Sejm-Marschallin (Parlamentspräsidentin) Ewa Kopacz dafür vorgesehen war, ebenfalls. Überraschend jedoch sowohl die schnelle Ernennung wie die ebenso schnelle Benennung des neuen Kabinetts am Freitag, 19. September. Das neue Kabinett, dem sechs Frauen angehören, soll am Montag, 22.9.  vereidigt werden und muss noch eine Vertrauensabstimmung im Parlament bestehen. Die Regierungserklärung der neuen Ministerpräsidentin ist für 1. Oktober geplant. Spätestens im Herbst kommenden Jahres müssen Parlamentswahlen stattfinden.

Die am 3. Dezember 1956 in Skaryszew geborene Ewa Bożena Kopacz ist von Haus aus Kinderärztin Nach dem Studium an der Medizinischen Akademie Lublin leitete sie bis 2001 ein unabhängiges Ärztehaus in Szydłowiec. Zugleich war sie 1998 bis 2001 als Beraterin im Woiwodschaftsparlament Masowiens tätig.1994 bis 2001 gehörte Kopacz der liberalen Partei Freiheitsunion (poln. Unia Wolności) von Tadeusz Mazowiecki an. Im Vorfeld der Parlamentswahlen 2001 trat sie der liberal-konservativen Bürgerplattform (poln. Platforma Obywatelska) bei. Nach der vorgezogenen Parlamentswahl 2007 wurde sie unter Tusk Gesundheitsministerin. In dieser Funktion brachte sie noch im selben Jahr die in Polen kontrovers diskutierte Unterstützung für In-Vitro-Fertilisation (Reagenzglasbefruchtung) ins Gespräch, was ihr scharfe Kritik vonseiten des polnischen Klerus einbrachte.Nach den Parlamentswahlen 2011 wurde Kopacz zur ersten weiblichen Parlamentspräsidentin gewählt.

Die größte Überraschung im Kabinet Kopacz ist sicherlich der neue Außenminister Grzegorz Schetyna. Der frühere Innenminister und Parlamentspräsident war vor Jahren von Tusk aufs Abstellgleis gestellt worden und galt als Rivale von Ewa Kopacz für das Amt des Parteichefs.  Der frühere Solidarnosc-Aktivist ist jedoch nicht unumstritten. „Die Außenpolitik ist nicht gerade sein Spezialgebiet“, sagte der Links-Abgeordnete Tadeusz Iwinski. „Er fühlt sich in der Innenpolitik wohler.“

Die Entlassung des bisherigen Außenministers Radoslaw Sikorski, er soll Kopacz im Amt als Sejm-Marschall nachfolgen, dürfte dem Einwirken von Präsident Komorowski geschuldet sein. Ebenso der Bedeutungszuwachs von Verteidigungsminister Tomasz Siemoniak der nun die Funktion des Vize-Premier mit übernimmt.

Mit Interesse erwarten Beobachter nun, ob der neue Ressortchef eine Kurskorrektur in der polnischen Außenpolitik vornehmen wird. Sikorski hatte in der Ukraine-Krise eine ausgesprochen russland-kritische Haltung vertreten. Sikorskis zudem durch die Veröffentlichung von Tonbandaufzeichnungen, in denen er sich abfällig über die USA äußerte in die Kritik geraten.

Die Medien gehen nun davon aus, dass die neue polnische Regierung eine zurückhaltendere Ukraine-Politik führen will. Kopacz erklärte dazu, dass sich Polen „wie eine vernünftige Frau verhalten“ solle, der vor allem „die Sicherheit ihres Hauses und ihrer Kinder“ ein Anliegen sei. Mit diesen Worten schloss sie nach Medienberichten Waffenlieferungen an Kiew aus.