Familiärer-Künstlerischer Dialog

Von | 14. Dezember 2017

Drei Generationen in einer Kunstausstellung
Album rodzinny in der Galerie der Alten Synagoge Rzeszów

Falls Kreativität und Kunstfertigkeit vererbbar sind, so wurde das Künstlergen bei den Pisarek´s weitergereicht. Drei Generationen widmen sich der Kunst und beeinflussen sich, ob bewusst oder unbewusst, gegenseitig durch die Inspiration und den Austausch.
Zu Ehren des 90. Geburtstags der Künstlerin und „Genträgerin“ Renata Niemirska-Pisarek, wurde am 5. Oktober 2017 in Rzeszów die Ausstellung „Album rodzinny“ (Familien-Album), die eine außergewöhnliche Familiengeschichte erzählt, eröffnet. Zu erkennen ist nicht nur ein Dialog zwischen den Künstlern, sondern ein Dialog zwischen den Künsten: Malerei, Zeichnung, Grafik, Fotografie, Skulpturen und Schnitte.
Die Ausstellung stellt die Werke und Arbeiten der Künstlerpersönlichkeiten Renata Niemirska-Pisarek, ihrer beiden Söhne Krzystof und Łukasz Pisarek, sowie ihrer zwei Enkelkinder Szymon und Anna Pisarek in ein ganz neues Licht.
Zentraler Treffpunkt der künstlerischen Inspiration sind die gemeinsam veranstalteten Mittagessen, wo Familienanekdoten erzählt und Fotoalben gesichtet werden. Die Ausstellung spiegelt diesen Familienbund wieder und lässt einen familiären-künstlerischen Dialog entstehen, der die verinnerlichten Erinnerungsorte aufzeigt.
Renata Niemirska-Pisarek studierte Malerei an der Akademie der Künste in Krakau. Sie nahm an zahlreichen nationalen und internationalen Ausstellungen, unter anderem in Berlin und Paris teil und realisierte über 30 individuelle Ausstellungen. Die Künstlerin wurde für ihre Arbeit mit vielen Preisen ausgezeichnet, beispielsweise dem Preis des Präsidenten der Stadt Rzeszów für ihr gesamtes Lebenswerk.
Renata Niemirska-Pisarek versetzt jedes Gemälde mit Narration und gibt nostalgisch, still und metaphorisch die Realität wieder. Den Betrachter zwingt sie damit liebevoll aber entschieden zur Reflexion.
Ein besonderes Projekt der Ausstellung ist die Porträt-Reihe, inspiriert von dem Gemälde „Kazik“ von Renata Niemirska-Pisarek. Vom Ursprungsbild angeregt, fertigte Krzysztof Pisarek Fotografien der weiteren Familienmitglieder an. Er arbeitete aufgrund der extremen Nähe zum Original, eine unverkennbare Ähnlichkeit heraus, wodurch beim Betrachter ein Gefühl der Zugehörigkeit, Geschlossenheit und faszinierender familiärer Stärke, ausgelöst wird.
Krzysztof Pisarek’s Grafik „Ojciec“ (Vater) ist hingegen eine direkte Antwort auf das Gemälde „Portret we wnętrzu“ (Porträt im Inneren) seiner Mutter. Zu sehen ist jeweils Kazimierz Pisarek und Renata im Hintergrund. Man erkennt auf Anhieb die tiefe Verbundenheit des Ehepaares. Das Zitat des Gemäldes spricht über das stillschweigende Verständnis füreinander. Die Antwort des Fotografen bildet eben dieses Verständnis für diese besondere Bindung.
Weitere ausgestellte Werke diskutieren das Leitthema Frauenkörper, mit dem sich Renata Niemirska-Pisarek in verschiedenen Phasen ihres Lebens auseinandersetzte. Eine Identitätssuche und ein Kampf um die Akzeptanz der Imperfektion als Idealbild des Frauenkörpers. Die Nacktheit der Frauen, stellt die Reinheit, das Ursprüngliche dar, weshalb die Linolschnitte „Wilki“ (Wölfe) der Grafikerin und Kostümbildnerin Anna Pisarek gegenübergestellt wurden: das Animalische im Menschlichen.
Łukasz, Absolvent der Akademie der Künste in Katowice, fügte der Ausstellung zu diesem Leitgedanken seine Aktzeichnungen hinzu. Diese nehmen einen Dialog zu Renatas Gemälden auf. Eine Konfrontation mit der Reinheit und der Enthüllung des Wahrhaftigen.
Weitere Verbindungen konnten durch die Stillleben hergestellt werden: Szymon Pisarek, Absolvent der Filmakademie Lódz, zeigt seine Fotografien des Zyklus „Domator“ (Stubenhocker), die im Austausch zu Fotografien von Krzysztof aus dem Zyklus „Translokacje“ (Translokationen), sowie mit Gemälden von Łukasz und Renata stehen. Es sind allesamt verschieden dargestellte Gegenstände, die aufgrund ihrer Komposition das Alltägliche auf phänomenologische Weise demaskieren. Ein Versuch, zu erkennen und abzubilden, was wirklich ist.
Eine einzigartige Familiengeschichte und eine umso einzigartigere Kunst, die Erinnerungsorte lebendig werden lässt und einen bis dahin verborgenen Dialog zwischen den verschiedenartigen Künstlerpersönlichkeiten enthüllt. Die Ausstellungsstücke wurden in einen neuen Kontext gestellt und erhielten dadurch eine neue Bedeutung. Sie erzählen nun eine Geschichte über Zugehörigkeit und die Stärke des Familienbundes, der sich wie ein roter Faden durch die Ausstellung zieht. Eine ehrenvolle Würdigung der unterstützenden, inspirierenden Groß/-Mutter und einer starken, verblüffenden Künstlerin. 