Protokolle des Auswärtigen Ausschusses 1965-1969

 

Von Karl Forster

 

Wie war das eigentlich zu Zeiten der Großen Koalition in den 60er Jahren? Was wurde im Auswärtigen Ausschuss des Deutschen Bundestages diskutiert? Welche Rolle spielten in der Vorläuferphase der neuen Ostpolitik Politiker wie Erhard Eppler, Erich Mende, Walter Scheel oder Helmut Schmidt? Sie alle zählten von 1965-1969 zu den Mitgliedern dieses Ausschusses. Im Dezember 1965 wurden der badische CDU-Abgeordnete Hermann Kopf als Vorsitzender und Carlo Schmid (SPD) als sein Stellvertreter einstimmig in ihren Ämtern bestätigt. Kopf war als Sitzungsleiter Garant für eine sachliche Aussprache. Er fand dafür die Anerkennung der Exekutive, aber auch des parteipolitischen Gegners. Die eigenen Parteifreunde, insbesondere die Junge Union unter dem „Kopf-Gegner Schäuble“ („Der Spiegel“), dem späteren Bundesminister Wolfgang Schäuble, booteten den Altparlamentarier, „der am Gewebe unserer Außenpolitik“ (Bundesaußenminister Willy Brandt) mitgewirkt hatte, bei der Bundestagswahl 1969 im Wahlkreis 190 kurzerhand aus. In der fast neunjährigen Amtszeit Kopfs hatten Union und Sozialdemokratie - seit der programmatischen Rede Herbert Wehners zur außen- und sicherheitspolitischen Neuorientierung der SPD am 30. Juni 1960 - zu einer weitgehend gemeinsamen Linie in der Außenpolitik gefunden. Nach dem Ende der Großen Koalition wurde in der 6. Wahlperiode im Ausschuss über die Ostpolitik wieder so erbittert gestritten wie in den Jahren 1949 bis 1960 über die Westpolitik.

All das kann in den Protokollen des Auswärtigen Ausschusses nachgelesen werden. Seit 1998 ediert die Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien (KGParl) die Sitzungsprotokolle des gemäß Art. 45a Grundgesetz vom Bundestag bestellten Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten. Inzwischen liegen die Protokolle des Auswärtigen Ausschusses von 1949 bis 1969 in insgesamt 10 Teilbänden mit fast 9.000 Druckseiten Gesamtumfang vor. Mehr als 3.250 maschinenschriftliche Seiten umfasst allein der Protokollbestand für die 5. Wahlperiode 1965 -1969, der von Joachim Wintzer unter Mitwirkung von Wolfgang Hölscher, Stephanie Urbach und Benedikt Wintgens bearbeitet wurde. Entsprechend dem editorischen Standard der Reihe wird der weitaus größte Teil der Protokolle, insbesondere zum Thema „Parlament und Außenpolitik“, im Druck zugänglich gemacht. Wie bereits für die 3. und 4. Wahlperiode wird der textkritisch bearbeitete Volltext auf CD-ROM zur Verfügung gestellt, die der durch Verzeichnisse und Register für die Benutzung gut erschlossenen Buchveröffentlichung beiliegt.

Mit dieser Buchveröffentlichung setzt die KGParl, 1951 in Bonn gegründet, gefördert vom Deutschen Bundestag, ihre erfolgreiche Publikationspraxis in Berlin fort. Die Edition der Sitzungsprotokolle des Auswärtigen Ausschusses, für die 6. und 7. Wahlperiode 1969 -1976 in Vorbereitung, ergänzt die „Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland“, die die deutsche Außenpolitik aus dem Blickwinkel des Auswärtigen Amts dokumentieren. Die vorliegende Edition rückt den Auswärtigen Ausschuss als das wichtigste außenpolitische Forum des Parlaments in den Mittelpunkt, dessen Anteil an Kontinuität und Wandel deutscher Außenpolitik deutlich wird.

Derzeit arbeitet der Verlag auch an einer Herausgabe der Protokolle der Polnischen Fraktion im Reichstag (vor 1918). Ein Datum für das Erscheinen dieses Werkes ist jedoch noch nicht bekannt.

Joachim Wintzer, Der Auswärtige Ausschuß des Deutschen Bundestages, Sitzungsprotokolle 1965-1969, 1648 Seiten, Droste Verlag, Ln., (2 Halbbände mit CD-ROM), ISBN-13: 978-3-7700-5272-1, Preis: 160.- €