Liebe Leserin, lieber Leser!

 

Die im Oktober stattgefundenen Parlamentswahlen haben in Polen zu einer neuen, wieder bürgerlich-demokratische Spielregeln einhaltenden Regierung geführt. Die alte Regierung, die die bürgerlich-demokratische Gewaltenteilung stark beschnitt, deutlich antidemokratische Maßnahmen durchgesetzt hatte und minderheitenfeindliche Stimmungen schürte, ist abgewählt. Das ist gut so und heißt für die Redaktion von POLEN und wir, dass wir in Zukunft wieder so verfahren wie vor der Bildung der Regierung Kaczyński: Wir werden die polnische Innenpolitik und die Auseinandersetzung darum in Polen wie gewohnt möglichst neutral darstellen, damit ihre Hintergründe besser verstanden und alte Stereotype durchbrochen werden, eine Bewertung der Innenpolitik aber wird unterlassen.

Sie können in dieser Ausgabe zwei Beiträge zur Wahl in Polen lesen. Beide machen deutlich, dass mit der Bildung einer neuen Regierung in Polen zwar die demokratischen Defizite, nicht aber die alten Probleme beseitigt sind. Das betrifft die innenpolitischen Felder wie beispielsweise die Gesundheits-, Lohn- und Sozialpolitik aber auch die Bereiche Korruption und Bereicherung durch Teile der alten Nomenklatura. Das betrifft ebenso die polnische Außenpolitik. Das Aufatmen in Deutschland und in der EU wird sich möglicherweise schneller als gedacht als voreilig herausstellen, denn die Kernprobleme v.a. zwischen Deutschland und Polen sind durch den Abtritt Kaczyńskis nicht gelöst und auch nicht in erster Linie auf polnischer Seite zu lokalisieren.

Neben den beiden Artikeln zur Wahl finden Sie wieder einige Beiträge zur Diskussion und Darstellung der Geschichte des Nationalsozialismus in Deutschland, wobei wir mit dem Artikel zur Erinnerungskultur in der BRD eine Diskussion weiterführen möchten, die für die Zukunft unseres Landes von emminenter Bedeutung ist. Es müssen neue Wege gefunden werden, wie wir die grausamen Geschehnisse der Nazizeit der heutigen, oftmals multikulturell zusammengesetzten Jugend verdeutlichen können, ohne Sie mit unseren alten, überholten didaktischen Vorstellungen abzuschrecken. Es müssen diese Wege gefunden werden, um eine mögliche Wiederholung von Krieg und pure Menschenvernichtung durch neue Generationen zu verhindern. Ein wichtiger Weg dabei ist mit Sicherheit immer wieder das Aufeinanderzugehen, das Kennenlernen der Anderen. Deshalb sind Beiträge in unserer Zeitschrift wie die über die kulturelle Begegnungsstätte „schloß bröllin“ oder deutsch-polnische Radtouren, die zum Mitmachen auffordern, so wichtig.

 

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen besinnliche Feiertage und alles Gute für das neue Jahr,

Ihr Wulf Schade