Auf den Spuren meines Vaters

 

Von Dietrich Klakow

 

Meine Geschwister und ich sind mit Erzählungen unseres Vaters Hans Klakow aufgewachsen, er hätte für den Neubau des großen Kaufhauses WERTHEIM in Breslau 1929/30 plastische Arbeiten gemacht. Zum Teil wurden diese glasierten Keramiken in der schlesischen Töpferstadt Bunzlau gebrannt. Es gab keine Fotos und die Architekturzeitung von 1930 mit einer kleinen Gesamtaufnahme war nicht mehr zu finden. Die früheren Keramik- und Kunststeinplastiken in Berlin und die späteren Bronzeplastiken in verschiedenen Städten der ehem. DDR kannten wir, aber nicht diese Arbeit in Breslau. Hans Klakow war ein anerkannter Bildhauer, lebte und arbeitete bis zu seinem Tode 1993 in Brieselang, ein Vorort von Berlin.

 

Ich sehe mir gerne Museumsdörfer (Skansen) an und lernte jetzt, dass es einige davon  in Polen gibt. So fuhr ich im Juni 2007 mit meiner Frau durch Kleinpolen und auf dem Rückweg nach Berlin fuhren wir durch Wroc³aw, dem ehemaligen Breslau. Und da stand das sagenhafte WERTHEIM - eingerüstet. Entwurfszeichnungen in den Fenstern ließen mich vermuten, dass ein Umbau bevorstand. Aber wir sahen auch erstmalig überlebensgroße Keramikköpfe und florale Plastiken - die Arbeiten, von denen mein Vater früher hin und wieder sprach. Sie waren auf verschiedenen Etagen an den tragenden Säulen zwischen den Fenstern angebracht, viele fehlten.

Zurück in Berlin versuchte ich mit Freundes Hilfe, Kontakt zum Besitzer RENOMA aufzunehmen, was sich später durch den dortigen Architekten Herrn Zbigniew Maćków ergab, der den Um- und Ausbau ausführte. Wir verabredeten ein Treffen und am 9.8.2007 wurden wir dort wie der verlorene Sohn sehr freundlich empfangen. Bei einem Rundgang und bei einer Kletterei auf den Gerüsten konnten wir Fotos von einigen Plastiken machen. Mit der dazugekommenen Denkmalpflegerin, Frau Dr. Krystyna Kirschke, tauschten wir in einer wunderbaren Atmosphäre Informationen, Anekdoten, Fotos, Fragen und Wünsche aus. Sie will versuchen, die alten Farben des Hauses von außen und von innen zu bekommen, um auch dabei die Restaurierung so originalgetreu wie möglich durchzuführen.

Zur Geschichte des Hauses WERTHEIM

In der Zeit der Wirtschaftskrise 1929/30 wird vom Architekten Herrman Dernburg das prunkhafte Kaufhaus WERTHEIM in Breslau errichtet. Die senkrechten und waagerechten Konstruktionsteile werden außen mit verschiedenfarbigen glasierten Ziegeln verkleidet. Auf den senkrechten Stützen zwischen den Fenstern bringt man plastische, teilweise vergoldete, Schmuckpunkte an. Die umlaufenden sieben Fensterbänder verhindern, dass dieses große Gebäude als massiver Block wahrgenommen wird. Der große Lichthof ist in der fünften Etage mit einem Glasdach abgedeckt. Diese Investition so nahe dem Zentrum der reichen Stadt hat sich als richtig erwiesen, denn dieses Kaufhaus erbringt dem Konzern nach kurzer Zeit schon den drittgrößten Umsatz in Deutschland. Nach dem Regierungsantritt der Nationalsozialisten wird auch dieser Betrieb „arisiert“ und heißt fortan AWAG. Durch Bomben und Granaten in Krieg und Belagerung wird hauptsachlich der Innenraum stark lädiert. Ein Feuer beschädigt und verrußt die Innenräume, die ummauerte Stahlkonstruktion hält jedoch stand. Nach dem Krieg wird das Haus mit einfachen Mitteln repariert und wieder als Kaufhaus genutzt.

Denkmalgerechte Sanierung

Der jetzige Eigentümer hat die beiden oberen Etagen als Büroräume vermietet und will die unteren Verkaufsräume mit einem anschließenden Neubau zu einem großflächigen Kaufhaus verbinden.

Die denkmalgerechte Sanierung erfordert nicht nur die Neuanfertigung von verschieden geformten und glasierten Klinkerplatten, sondern auch teilweisen Austausch von verrosteten Stahlteilen. Der Eigentümer überlegt, ob die von meinem Vater geschaffenen Plastiken abgeformt und in Keramik vervielfältigt werden, um den plastischen Schmuck wieder vollständig anzubringen. Am Eingang sind zwischen glasierten schwarzen Klinkerplatten goldene Mosaikstreifen gezogen und die alten Messingprofile der abgerundeten Vitrinen und Fenster sowie die alten Rollgitter sind noch vorhanden. Da die originalen Bauzeichnungen vorhanden sind, können die Konstruktions- und Innenausbauten denkmalgerecht ausgeführt werden. Leider gibt es aber keine Hinweise auf Farbgebung und Verkleidungen. Der Maler Ulrich Nitschke (1879-1971) hat möglicherweise die Farbgebung und Teile der Ausstattung gestaltet.

Vielleicht können Sie - liebe Leserinnen und Leser - ja an genau dieser Stelle weiterhelfen? Zur Wiederherstellung eines Baudenkmals ist Ihre Erinnerung gefragt. Wer hat Bildmaterial von den Innenräumen des Kaufhauses, wer erinnert sich an Farbe und Materialien, an Leuchtkörper und Möbel? Wer kann über Herrn Ulrich Nitschke und seine Arbeit oder über seine Familienangehörigen Auskunft geben?

Wir sind angesteckt worden von dem großen Engagement von Herrn Houx für RENOMA, Herrn Maćków und Frau Dr. Kirschke. Die lobenswerten Bemühungen eines Bauherren, ein wichtiges Stück Architekturgeschichte zu rekonstruieren, werden nicht nur der Stadt Wrocław zu Gute kommen, sondern auch der Kultur- und Kunstgeschichte Europas. Wir hoffen auf Zuschriften!

Dr. hab. inż. Arch. Krystyna Kirschke,

51-141 Wrocław, ul. Władysława Syrokomli 41

oder

Dietrich Klakow, Gelieustr. 9, 12203 Berlin