Vielfalt der deutsch-polnischen Kultur

 

15 Jahre „schloss bröllin e.V.-

international art research location“

 

Von Theresia Walde

 

Am 20.10.2007 feierte der „schloss bröllin e.V.“ sein 15-jähriges Bestehen mit viel kreativem Geist, Performances, Lesungen und der Ausstellung „Bröllin im Wandel“. Bröllin ist ein Ort für Künstler, Künstlerinnen und Gäste aus aller Welt. Hier entstehen Projekte, für die in Städten oft weder Zeit noch Raum ist. Der Verein „schloss bröllin e.V.“ wurde 1992 von freien Theatermachern, Schauspielern, Musikern, Bühnenbauern, Theaterwissenschaftlern, Soziologen und anderen Engagierten aus den Bereichen Kunst und Kultur gegründet und dient dem Aufbau und Betrieb eines internationalen Produktions- und Forschungszentrums für interdisziplinäre Kunst. Der Verein versteht sich als Produzent von zukunftsweisenden Projekten.

 

Die Geschichte Bröllins geht bis in das 12. Jahrhundert zurück. Das 800 Jahre alte Rittergut befindet sich in der ländlichen Grenzregion Mecklenburg-Vorpommerns, unweit der polnischen Grenze und ist ca. 120 km von Berlin entfernt. Zu DDR-Zeiten wurde das Objekt als landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft genutzt. Der gesamte Hof steht unter Denkmalschutz und gehört zu den wenigen vollständig erhaltenen Gutsanlagen in Mecklenburg-Vorpommern.

Heute ist Schloss Bröllin ein international bekannter Ort für freies Theater, Tanzproduktionen und künstlerische Jugendprojekte. Schloss Bröllin bietet mit mehreren Produktionsräumen und Studios sowie Übernachtungs- und Verpflegungsmöglichkeiten ideale Voraussetzungen für kurz- und längerfristige Aufenthalte zum Proben, Experimentieren, Trainieren und Entspannen sowie für Workshops und Tagungen. Schloss Bröllin steht für alle Kunstdisziplinen offen und sucht Schnittstellen zwischen Kunst, Wissenschaft und gesellschaftlichem Leben. Der Verein unterhält gute Kontakte zur deutschen, polnischen und internationalen Theater-, Tanz- und Kulturszene. Aufgrund seiner grenznahen Lage pflegt Bröllin bereits seit 1994 eine intensive Zusammenarbeit mit polnischen Kultureinrichtungen und Künstlern, die zu zahlreichen gemeinsamen Theater- und Kunstprojekten geführt hat.

Kulturelle Vernetzung zwischen Deutschland und Polen

Der „schloss bröllin e.V.“ arbeitet eng mit den Stettiner Theatern Teatr Kana, dem Puppentheater Pleciuga und dem Theater Wspó³czesny sowie mit den Kultureinrichtungen Miejsce sztuki OFFIcyjna, Klub XIII MUZ und dem Dom Kultury Slowianin zusammen. Außerdem bestehen Kooperationen mit dem Ma³opolski Instytut Kultury in Krakau, dem Bałtic Culture Centre in Gdańsk, dem Ujazdowski Castle in Warschau und dem Miejski Dom Kultury in Police. Es liegt im Interesse des Vereins, die Kontakte nicht nur weiter zu intensivieren und zu erweitern, sondern eine Plattform des Austauschs und der Kooperation polnischer und deutscher Einrichtungen, Künstler, aber auch Wissenschaftler zu schaffen und sie miteinander zu vernetzen.

Der Verein nutzt seine besondere Lage in der deutsch- polnischen Grenzregion, um den kulturellen Austausch beider Länder voranzutreiben. Durch den langjährigen Aufbau und die Pflege der Kontakte hat sich Schloss Bröllin in Polen - insbesondere in der benachbarten Wojewodschaft Westpommern - einen Namen gemacht. Durch diese Partnerschaft wurde mithilfe von EU- und Landesmitteln ein ehemaliger Bullenstall zu einem Kunst- und Kulturzentrum umgebaut, das in erster Linie als deutsch -polnische Begegnungsstätte dient.

Unter Einbeziehung bereits bestehender Strukturen trägt das deutsch-polnische Kunst- und Kulturzentrum maßgeblich dazu bei, Bröllin als einen Ort der Begegnung und des Austauschs für deutsche, polnische und andere ausländische Künstler, für Wissenschaftler und Kunstinteressierte zu etablieren.

Der Große Bullenstall ist langfristig nicht nur ein zentraler Ort für den möglichst grenzenlosen Austausch von Ideen, Mitteln und Strukturen, sondern widmet sich insbesondere der künstlerischen Arbeit auf beiden Seiten der deutsch-polnischen Grenze. Jährlich veranstaltet das Teatr Kana aus dem grenznahen Szczecin das Festival ´Kontrapunkt' grenzüberschreitend - in Szczecin und auf Schloss Bröllin.

Einen  weiteren Schwerpunkt auf Schloss Bröllin bildet die Jugendarbeit. Diese richtet sich in erster Linie an die deutschen und polnischen Jugendlichen aus der Grenzregion, aber auch internationale Jugendprojekte finden hier gute Bedingungen. Die Zusammenarbeit mit professionellen Künstlern ermöglicht anspruchsvolle Workshops und gibt gleichzeitig einen Einblick in die Arbeit von Künstlern.

Deutsch-polnische Jugendarbeit

Die Angebote umfassen neben kulturellen und technischen Bildungsangeboten, thematischen Workshops und der Produktion von Musicals, die Betreuung von Jugendbands sowie die Durchführung von internationalen Jugendprojekten.

Ziel dabei ist es, Kinder und Jugendliche in der Auseinandersetzung mit dem eigenen Lebensentwurf, mit ihren Ängsten und Träumen und in ihrer Teilhabe an gesellschaftlichen Prozessen mithilfe von kulturpädagogischen Methoden zu unterstützen.

Gemeinsame Grundwerte im grenznahen Raum verstehen

Mit den deutsch-polnischen Projekten soll ein Beitrag geleistet werden zu einem regionalen Selbstbewusstsein als Grenzregion. Auch wenn sich mit der Aufnahme von Polen in die EU der Status als „EU - Außengrenzregion“ verändert hat, wird es doch auf absehbare Zeit sowohl kulturelle als auch materielle Unterschiede geben. Diese der künftigen Generation bewusst zu machen und ihr die Möglichkeit zu geben, den „Anderen“ nicht überheblich, sondern tolerant und neugierig entgegenzutreten, ist Ziel der Arbeit. Außerdem soll die Jugendarbeit das Verständnis der Jugendlichen beider Länder für die Vielfalt der europäischen Kultur mit all ihren Facetten fördern und damit einhergehend die Einsicht in die gemeinsamen Grundwerte. Es geht inhaltlich nicht nur um die Zukunft Jugendlicher aus Deutschland und Polen in einem gemeinsamen Europa. Ausgehend von den jeweils regionalen Traditionen, Überschneidungen in gemeinsamer Geschichte sollen Situationen aus der Alltagswelt der Jugendlichen hier im grenz nahen Raum thematisiert werden.

 

 

„15 Jahre Bröllin“ in Zahlen:

126 Koproduktionen, 51 Jugendprojekte, 26 Festivals, 25 Kunstaktionen, 24 Symposien/Tagungen,

18 Ausstellungen, 16 Konzertveranstaltungen, 8 Publikationen, 2 Auszeichnungen,

42 Mitglieder (+10 Fördermitglieder) und viele unzählige Anträge, Arbeitsstunden,

Praktikanten, Gastveranstaltungen, Übernachtungen.