Polen und wir  Ausgaben 1, 2 und 3/2000

 

Leit-Referat auf der Hauptversammlung am 11./12. März 2000

zum 50 jährigen Bestehen der Gesellschaft

 

Unsere Arbeit geht weiter

Von Christoph Koch

Vorsitzender der Deutsch-Polnischen Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland e.V.

 

(Dieses Referat wurde in der Zeitschrift in drei Teilen in den Ausgaben 1–3 /2000 wiedergegeben. Hier finden Sie das gekürzte Referat in der zusammengestellten  Fassung.der drei Hefte. (Das volständige Referat kann bei der Redaktion gegen die Einsendung von 5 DM in Briefmarken ungekürzt bestellt werden.)

 

 

 [Einleitend spricht Christoph Koch über das aktuelle politische Klima, in dem die deutsch-polnische Zusammenarbeit praktiziert wird.]

(.....) In dieser [nur an der Oberfläche scheinbar problemlosen] Atmosphäre über die Arbeit der Deutsch-Polnischen Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland zu sprechen, ist kein leichtes Unterfangen. Der vornehmliche Gegenstand dieser Arbeit sind nicht die marktgängigen Wunschbilder einer deutsch-polnischen Zukunft, (...) sondern das weit höhere Ansprüche stellende Bemühen um die verlässliche Begründung dieser Zukunft auf ein den objektiven Erfordernissen Rechnung tragendes Fundament, das um alle Relikte bereinigt ist, die aus einer anderen Zielen verpflichteten Vergangenheit der Normalisierung des beiderseitigen Verhältnisses entgegenstehen. (...)

Das verantwortliche Ziel deutsch-polnischer Nachbarschaft kann allein eine Zukunft sein, die Polen das größtmögliche Maß an politischer, wirtschaftlicher und kultureller Selbstbestimmung gewährt. Die Schaffung der tragfähigen Grundlage einer solchen Zukunft, die allen Verwerfungen der deutsch-polnischen Geschichte Rechnung trägt und alle Elemente der Bevormundung, der Übervorteilung, der Indienstnahme oder gar der Existenzbedrohung des kleineren durch den größeren Nachbarn ausschließt, ist das bis auf den heutigen Tag unveränderte Gründungsziel der ältesten und über mehr als zwei Jahrzehnte einzigen deutsch-polnischen Gesellschaft der Bundesrepublik, die unter dem unmittelbaren Eindruck des Zweiten Weltkriegs und der nach dem Zerfall der Anti-Hitler-Koalition und dem Beginn des Kalten Krieges sich abzeichnenden Gefahr einer Spaltung Europas am 19. August 1948 in Berlin unter dem Namen “Hellmut von Gerlach-Gesellschaft” auf gesamtdeutscher Ebene ins Leben gerufen wurde. (...)

Zu den Gründungsmitgliedern der Gesellschaft gehörten der liberale Professor der Klassischen Philologie Johannes Stroux, der sozialdemokratische Publizist Dr. Carl Helfferich, der Architekt Hans Scharoun, der Kommunist Karl Wloch, kurz: Menschen der unterschiedlichsten gesellschaftlichen Lager, die in der Sorge vereint waren, dass die Ergebnisse des Zweiten Weltkriegs, zu denen neben einer neuen Festlegung der deutsch-polnischen Grenze die Folgen von Flucht und der von den Siegermächten verfügten Umsiedlung der deutschen Bevölkerung aus den polnischen Westgebieten gehörten, ihrerseits zur Quelle einer Gefahr für das friedliche Zusammenleben von Polen und Deutschen werden könnten. Es gehört zu den großen Verdiensten der Hellmut von Gerlach-Gesellschaft, dass sie durch eine unermüdliche Aufklärungsarbeit wesentlich dazu beigetragen hat, dass die Flüchtlinge und Umsiedler, die ihre neue Heimat in der sowjetischen Besatzungszone und der nachmaligen DDR fanden, nicht zu einem Hort revanchistischer Forderungen geworden sind.

Ein Jahr nach der Gründung der Hellmut von Gerlach-Gesellschaft manifestierte sich die fortschreitende Spaltung Europas in der Gründung der beiden deutschen Staaten. Die in das Fundament der Bundesrepublik gelegte Verfassungsbestimmung  des Art. 23, der nach über den Bestand der BRD hinausgehenden “anderen Teilen Deutschlands” zielt, und die auf die “Offenhaltung der deutschen Frage” bedachte Politik der neuen Bundesregierung verdeutlichten die Notwendigkeit einer Gegenstimme auf Seiten des westlichen Staates. Aus diesem Grunde erfolgte am 29. Juli 1950 in Düsseldorf die Gründung einer westdeutschen Hellmut von Gerlach-Gesellschaft. Das Spektrum ihrer Gründerväter reicht vom konservativen Lager deutsch-nationaler Provenienz über Sozialdemokraten, Vertreter der christlichen Kirchen und der Friedensbewegung bis zu den Kommunisten.

Im Gefolge des Kalten Krieges ist die konservative Tradition, die die Arbeit der Gesellschaft zeit ihres Bestehens mitgetragen hat, gerne übersehen worden. Auch dass die Gesellschaft stets auf dem untrennbaren Zusammenhang zwischen demokratischen Verhältnissen im Inneren und auf gegenseitige Achtung gegründeten zwischenstaatlichen Beziehungen nach außen bestanden hat und insbesondere unter dem Vorsitz des eben so sehr katholischer wie republikanischer Tradition verpflichteten Juristen Helmut Ridder der bundesrepublikanischen Wirklichkeit die Vollendung der bürgerlichen Gesellschaft und die Aufarbeitung des Defizits abverlangt hat, das westdeutsche Demokratie vom zivilisatorischen Standard jenseits des Rheines scheidet, ist eher als störend empfunden worden. Statt dessen hat sich der Zeigefinger der Getroffenen auf die Beteiligung der Kommunisten gerichtet, die in den langen Jahren frontstaatlichen Selbstverständnisses der BRD einen bequemen Vorwand bot, sich der argumentativen Auseinandersetzung mit der Arbeit der Gesellschaft zu entziehen. Dass das Schwert der “Grundtorheit des 20. Jahrhunderts” mittlerweile schartig geworden ist, hindert nicht, dass es von Liebhabern schlichter Denkmuster bisweilen noch heute geschwungen wird. Spätere Alleinvertretungsansprüche auf die deutsch-polnische Thematik vermögen jedoch nicht ungeschehen zu machen, dass sich in der deutschen Nachkriegsgeschichte die Kommunisten in besonderer Weise für die Anerkennung der Ergebnisse des Zweiten Weltkriegs und die Normalisierung des deutsch-polnischen Verhältnisses eingesetzt haben. Die Gesellschaft sah und sieht daher keinen Anlass, sich von ihrer Mitarbeit zu distanzieren.

Zehn Monate nach der Gründung der Bundesrepublik ins Leben gerufen, trägt die Gesellschaft die ganze Geschichte der Beziehungen zwischen dem westdeutschen Staat und Polen auf ihren Schultern. Wenige Jahre, nachdem Polen, dem deutschen Bewusstsein als minderrassiges Sklavenvolk eingeprägt, einen Teil des im Kriege verlorenen deutschen Territoriums zugeteilt erhielt, nachdem die deutsche Bevölkerung dieser Gebiete ihre Heimat verlassen musste und nachdem sich abzuzeichnen begann, dass das Land im Zuge der Spaltung Europas dem anderen Lager angehören würde, - unter dem unmittelbaren Eindruck dieser Erfahrung die Forderung nach der Anerkennung des territorialen Besitzstandes und der Verständigung mit dem aus den Zerstörungen des Krieges gestärkt hervorgegangenen Polen zu erheben, kam nicht allein einem grundlegenden Bruch mit der herrschenden Ansicht des Landes und seiner Bewohner gleich, sondern stand in krassem Gegensatz zu den Intentionen nahezu aller im öffentlichen Leben der jungen Bundesrepublik wirksamen politischen Lager mit Ausnahme der Kommunisten. (...) Welchen Anstoß die Forderung der Gesellschaft unter diesen Bedingungen erregen musste, ist jedermann einsichtig, doch können sich die Nachgeborenen wohl nur mit Mühe die Atmosphäre vergegenwärtigen, in der sich die Auseinandersetzung um den Platz der Bundesrepublik in der europäischen Nachkriegsordnung vollzog.

Das Tätigkeitsfeld der Gesellschaft, deren Adressat die deutsche Öffentlichkeit ist, umfasste von Anfang drei Schwerpunkte. Der erste war das Eintreten für die Anerkennung der polnischen Westgrenze als Teil der aus der Niederlage des Dritten Reiches hervorgegangenen europäischen Nachkriegsordnung, das angesichts des zunehmenden Auseinandertretens Europas in zwei einander wirtschaftlich, politisch und militärisch entgegengesetzte Machtblöcke und der realen Gefahr eines auf europäischem Boden ausgetragenen militärischen Konflikts von allem Anfang eine Schlüsselfrage der Erhaltung des Friedens in Europa betraf. Der zweite Schwerpunkt war die Aufarbeitung der weit ins 19. Jh. zurückreichenden Tradition deutscher Unkenntnis und Missachtung des polnischen Anteils an der Herausbildung der europäischen Kultur in allen Bereichen der Wissenschaft, der Literatur und der Kunst durch ein weitgefächertes Spektrum von Aktivitäten, die dem deutschen Publikum die Zeugnisse des polnischen Geisteslebens nicht nur vergangener Jahrzehnte und Jahrhunderte, sondern auch der aktuellen, d.h. der sozialistischen Gegenwart erschloss. Der dritte Schwerpunkt endlich war das Bemühen um die Vermittlung realer Formen deutsch-polnischer Zusammenarbeit vor allem auf wirtschaftlichem Gebiet, welche die blockbedingte Kluft zwischen beiden Ländern gleichsam materialiter überwinden und nicht zuletzt einen Beitrag zur wirtschaftlichen Konsolidierung des im Kriege von deutscher Hand zerstörten Nachbarlandes leisten sollte.

Auf den zuletzt genannten Feldern kam der Gesellschaft über lange Jahre eine weitgehende Monopolstellung zu, die sie nicht erstrebt und um deren Verlust sie sich intensiv und erfolgreich bemüht hat. Nachhaltige Wirkung hat die Gesellschaft insbesondere auf dem Gebiet der Aneignung der polnischen Kultur und der keineswegs einsträngig verlaufenden deutsch-polnischen Geschichte in weiten Kreisen der deutschen Öffentlichkeit erzielt. Lange bevor die ungezählten Zusammenschlüsse und Institutionen, die heute auf dem Felde der deutsch-polnischen Begegnung tätig sind, das Thema erkannt hatten, hat die Gesellschaft, die, je länger je mehr, zu einem Kristallisationspunkt des über die Oder gerichteten Interesses wurde, in mühevoller Kleinarbeit den Boden kultiviert, auf dem heute die tausend Blumen des deutsch-polnischen Kulturaustausches blühen. (...)  Fehlte es in jenen Tagen an gesellschaftlichen Vereinigungen vergleichbarer Zielsetzung, so nahm doch mit dem wachsendem Abstand zum Ende des Krieges die Zahl der Kultur- und Bildungseinrichtungen der Bundesrepublik zu, die sich um die Anknüpfung kultureller und informeller Kontakte nach Polen bemühten und über die Inanspruchnahme ihrer Erfahrung zu oft langfristigen Kooperationspartnern der Gesellschaft wurden. Uberdies gab es im Umkreis der Gesellschaft dem gleichen Anliegen verpflichtete Einzelpersonen, die Gäste ihrer Veranstaltungen und Versammlungen waren und die der Sache der wechselseitigen Wahrnehmung von Deutschen und Polen teils unvergleichliche Dienste geleistet haben. Stellvertretend für andere sei hier der Name von Karl Dedecius genannt, der die polnische Literatur zum unwiderruflichen Besitz des deutschen Lesers gemacht hat.

Nicht ohne Erfolg war die Gesellschaft auch auf dem Felde des Wirtschaftsaustausches und der Vermittlung von Kenntnissen über die ökonomische Entwicklung der Volksrepublik und ihre Fähigkeit zur Kooperation mit westlichen Partnern, doch fielen die wichtigen Entscheidungen hier auf anderer Ebene, so dass von einem nachhaltigen Einfluss der Gesellschaft auf diesem Sektor nicht gesprochen werden kann.

Der bei weitem schwierigste Bereich der Tätigkeit der Gesellschaft ist jedoch der erstgenannte: das Bemühen um die endgültige Anerkennung der polnischen Westgrenze (...). Hatte bereits das Werben für die Wahrnehmung des polnischen Anteils an der Entwicklung des europäischen Geisteslebens den gereizten Widerspruch derjenigen hervorgerufen, die ein Interesse an der Aufrechterhaltung des überkommenen Polenbildes hatten, um wieviel mehr musste eine Haltung auf Ablehnung stoßen, die eben diesen Polen den rechtlichen Besitz im Kriege verlorener Teile des Deutschen Reiches zusprach und damit allen Hoffnung auf eine Restitution des Reiches in Grenzen, die das am 8. Mai 1945 Verbliebene übertreffen, den Boden entzog. Kübel des Hasses und der Verunglimpfung wurden über die Gesellschaft entleert, und es wurden alle Register gezogen, sie zum Schweigen zu bringen. Die Anfeindungen entstammten in erster Linie dem antikommunistischen Repertoire der Zeit. (...) Die Anfeindungen gingen jedoch insofern ins Leere, als das Eintreten der Gesellschaft für die Normalisierung der Beziehungen zwischen Deutschland und Polen zu keiner Zeit etwa an den sozialistischen Charakter des Landes jenseits der Oder gebunden war. Die Verwerfungen des deutsch-polnischen Verhältnisses haben ihre Wurzeln in einer Zeit, die dem Konflikt von kapitalistischer und sozialistischer Gesellschaftsordnung vorausgeht, und haben über die Dauer dieses Konfliktes hinaus Bestand. Ihre Ursachen sind nicht in dem Aufeinandertreffen gegensätzlicher Weltanschauungen, sondern in den Schwierigkeiten Deutschlands begründet, zu sich selbst und damit zu ruhiger und fruchtbarer Nachbarschaft zu seinen europäischen und insbesondere zu seinen östlichen Nachbarn zu finden. (...) [Ein] Nachdenken über diese Frage, (...) ist brisant genug, um den erbitterten Widerstand all derer zu provozieren, die (...) der Vorstellung anhängen, dass Deutschland auch in der Gegenwart seinen eigentlichen Platz noch nicht gefunden hat.

Die Kampagne gegen die Gesellschaft lief jedoch auch insofern ins Leere, als die Einsichten, die anfangs wenn nicht ausschließlich, so doch vornehmlich innerhalb der Gesellschaft und in ihrem Umfeld formuliert wurden, (...) auch in anderen Teilen der bundesdeutschen Gesellschaft Fuß fassten und ein allmähliches Umdenken der Positionen einsetzte (...). Gewiss darf man den Anteil der Gesellschaft an dieser Entwicklung, deren Anstöße vor allem aus der Verhärtung des außenpolitischen Handlungsrahmens und der drohenden Isolierung der Bundesrepublik herrührten, nicht überschätzen. (.....)

 

Der allmähliche Wandel [der westdeutschen Polenpolitik] vollzog sich nicht auf dem Wege argumentativer Einsicht (...). Es blieb ein Prozess des Wandels durch Annäherung, der bloßen Annäherung nämlich an die objektiven Erfordernisse einer Überprüfung der deutschlandpolitischen Festlegungen der Bundesrepublik, der bis heute asymptotisch geblieben ist. Die Stationen des Prozesses sind Ihnen bekannt. Das erste Zeichen setzte die am 1. Oktober 1965 veröffentlichte Denkschrift des Rats der Evangelischen Kirche Deutschlands, die eine kontroverse Diskussion in der deutschen Öffentlichkeit auslöste. Sie bereitete dem "Wir vergeben und bitten um Vergebung" der katholischen Bischöfe Polens den Boden, die, von den deutschen Bischöfen in beschämender Weise beantwortet, eine lebhafte Erörterung des bis dahin weitgehend tabuisierten Themas der "ziemie odzyskane" (wiedergewonnenen Gebiete) und der Umsiedlung der deutschen Bevölkerung in der polnischen Öffentlichkeit nach sich zog.

Endlich erschien im Jahre 1968 das "Memorandum deutscher Katholiken zu den polnisch-deutschen Fragen", das feststellte, dass eine Bundesrepublik, die sich der allgemeinen Entspannungspolitik der Staaten in Ost und West entzog, zu einer Gefahr für die europäische Ordnung, für ihre Nachbarn und für sich selber würde.

Es hatte etwas länger gedauert, bis das Sein das Bewusstsein auch der politischen Kreise der Bundesrepublik so weit bestimmt hatte, dass sie den Anschluss an den Gang der Geschichte zurückzugewinnen suchten. Seit der Mitte der sechziger Jahre keimte im Schoße der Sozialdemokratie das Konzept des "Wandels durch Annäherung" - ein schillernder Begriff, der sowohl die Abkehr von der bis dato mitgetragenen Deutschlandpolitik des innenpolitischen Gegners als auch den Wandel des sozialistischen Adressaten einschloss. In dieser Hinsicht war das Konzept von Anfang von der Haltung der Gesellschaft unterschieden, die zu keiner Zeit eine auf die inneren Verhältnisse Polens gerichtete Politik verfolgt hat und trotz gewissenhafter Analyse zu keinem Zeitpunkt Parteigänger eines Lagers der innerpolnischen Auseinandersetzungen gewesen ist.

Im übrigen aber hat der bald als "Neue Ostpolitik" firmierende Ansatz in hohem Maße dazu beigetragen, in der Arbeit der Gesellschaft entwickelte Vorstellungen in die Wirklichkeit umzusetzen. Als ein Beispiel von anderen nenne ich die Arbeit an der Überprüfung der deutschen und polnischen Schulbücher auf dem wechselseitigen Verständnis und der Verständigung entgegenstehende Inhalte, die im Jahre 1972 zur Einberufung der deutsch-polnischen Schulbuchkommission führte und auf deutscher Seite vom bis heute mit der Thematik befassten Georg Eckert-Instituts in Braunschweig wahrgenomen wurde.

Auch hinsichtlich des zentralen Anliegens der Gesellschaft schien es so, als sollte die deutsche Politik den von ihr benannten Notwendigkeiten endlich Rechnung tragen. Die weitgehende Übereinstimmung der Gesellschaft mit den Inhalten der Neuen Ostpolitik schlägt sich vor allem in den Anstrengungen nieder, die sie zur Abwehr der gegen den Warschauer Vertrag vom 7.12.1970 gerichteten Angriffe der auf die Deutschlandpolitik der CDU-Regierungen eingeschworenen Rechten unternahm. Sie fanden ihren Höhepunkt in der Mitträgerschaft des Anfang 1971 in der Frankfurter Paulskirche abgehaltenen Kongresses "Friede mit Polen". Noch im Jahre des Abkommens von Helsinki, das die Verträge von Moskau und Warschau und den Grundlagenvertrag mit der DDR zur Voraussetzung hat, begrüßt die Jubiläumsschrift zum 25 jährigen Bestehen der Gesellschaft die Ostverträge mit den Worten: "Im einundzwanzigsten Jahr ihres Bestehens hat die Bundesrepublik durch die Regierung Brandt/Scheel endlich völkerrechtlich rechtskräftig die Unverletzlichkeit der europäischen Nachkriegsgrenzen anerkannt."

Zu diesem Zeitpunkt war das Vertragswerk jedoch bereits auf den Boden der deutschlandpolitischen Fiktionen der früheren Bundesregierungen zurückgeholt worden. Dies geschah zuerst in der gemeinsamen Entschließung aller Bundestagsfraktionen vom 17.5.1972, die der von den Sozialdemokraten ersonnene Preis für die Ratifizierung der Ostverträge durch den deutschen Bundestag war. Die Entschließung, die in Ziff.l die Herabstufung der Ostverträge zu "Elementen des modus vivendi" enthält, den die BRD mit ihren östlichen Nachbarn herzustellen suche, erklärt unter Ziff. 2, 1. dass die Verträge eine friedensvertragliche Regelung für Deutschland nicht vorwegnehmen und keine Rechtsgrundlage für die heute bestehenden Grenzen schaffen, und 2. dass die BRD die Verpflichtung zum Verzicht auf eine einseitige Änderung der bestehenden Grenze nur im eigenen Namen auf sich genommen habe. [Im folgenden wird auf die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes eingegangen, die ebenfalls die Verträge nur für die BRD als verbindlich erklärten].

Das deutsche Verständnis des Warschauer Vertrages, das in Polen nur allmählich bewusst wurde, legte sich von Anfang wie Mehltau auf den Prozess der Normalisierung, als dessen Beginn es im Zuge des KSZE-Prozesses propagiert wurde und den es ungeachtet der genannten Hemmnisse auch in nicht unbeträchtlichem Ausmaß initiierte. Um diesen Hemmnissen entgegenzuwirken und um, wie es hieß, den Warschauer Vertrag "mit Leben zu erfüllen", wurden Anfang der siebziger Jahre an zahlreichen Orten der Bundesrepublik auf sozialdemokratische Initiative regionale deutsch-polnische Gesellschaften ins Leben gerufen, die rasch zu Sammelpunkten von Menschen wurden, die aus den unterschiedlichsten Motiven an einer Überwindung der aus der Vergangenheit herrührenden Belastungen des deutschpolnischen Verhältnisses interessiert und bereit waren, sich dafür einzusetzen. Auf die allervielfältigste Weise leisteten und leisten diese Gesellschaften, die sich rasch vermehrten, einen kaum zu überschätzenden Beitrag zur gegenseitigen Annäherung von Polen und Deutschen und schufen damit Fakten, die einen Rückfall der Beziehungen in vorvertragliche Verhältnisse erschwerten. Mit dieser Entwicklung wurde die Deutsch-Polnische Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland ungeachtet ihrer abweichenden Struktur und ihrer ganz anders gearteten Herkunft zu einer Gesellschaft unter anderen, mit denen sie fortan einen Großteil ihrer Ziele und Aufgaben teilte. Gleichwohl hat die Gesellschaft ihr eigenes Profil nicht verloren. Die Tätigkeit der regionalen Gesellschaften setzt auf dem durch den Warschauer Vertrag manifestierten Stand der deutsch-polnischen Beziehungen ein und hat wesentliche Impulse durch die seit dem Beginn der achtziger Jahre in Polen eingetretenen gesellschaftlichen Veränderungen erfahren. Viele ihrer Mitglieder kennen das deutsch-polnische Verhältnis allein in der durch diese Faktoren bedingten Gestalt. Ihre Arbeit umfasst im wesentlichen Aktivitäten, die auf die Vertiefung der gegenseitigen Kenntnis und des gegenseitigen Verständnisses von Polen und Deutschen, dazu auf die Vermittlung konkreter Hilfe und die Suche nach Möglichkeiten deutsch-polnischer Zusammenarbeit gerichtet sind. Auf dem Gebiet der Chancen des Normalisierungsprozesses ist der Gesellschaft mithin ein virulentes Umfeld erwachsen. Keine Konkurrenz hat die Gesellschaft, die sich zeit ihres Bestehens als politische Gesellschaft versteht, dagegen im Bereich des Umgangs mit den aus der Vergangenheit überkommenen Hindernissen der Normalisierung erfahren, den sie nach wie vor zu ihren vornehmsten Aufgaben zählt. Soweit ich sehe, ist keine der übrigen deutsch-polnischen Gesellschaften mit den aus der fortgeschriebenen Deutschlanddoktrin der Bundesrepublik herrührenden Untiefen des Normalisierungsprozesses befasst, ohne deren Beseitigung der angebahnten Annäherung beider Länder ein gefährlicher Bodensatz zugrundeliegt.

Die tragenden Säulen der amtlichen Deutschlandpolitik gerieten ernsthaft in Gefahr, als die Vereinigung der beiden deutschen Staaten den Preis des rechtsgültigen Verzichts auf alle territorialen Ansprüche verlangte, die über den Bestand des niedergerungenen Reiches vom 8. Mai 1945 hinausgriffen. Der Abschluss eines entsprechenden Vertrages mit Polen wurde dem vereinten Deutschland durch den in der BRD mit landesüblicher Selbstverkennung als 2+4-Vertrag bezeichneten "Vertrag über die abschließende Regelung mit Bezug auf Deutschland" vom 12.9.1990 zur Pflicht gemacht. Entscheidend ist hier das Wort "abschließend". Es lässt keinen Zweifel, dass die Siegermächte des Zweiten Weltkriegs aus ihrer Verantwortung für Deutschland als Ganzes dem vereinten Deutschland auch in der vertraglichen Festlegung seiner Grenze zu Polen eine abschließende Regelung auferlegten. Diese ist nach dem Wortlaut des Protokolls der Berliner Konferenz von 1945, (...) einem Friedensvertrag vorbehalten. Jedermann weiß, dass der Vorschlag Polens, dem Grenzvertrag von 1990 den Charakter eines Friedensvertrages zu geben, von zwei deutschen Außenministern zurückgewiesen wurde. Doch damit nicht genug. Das aus der Vereinigung der BRD und der DDR hervorgegangene Deutschland versteht sich nicht als der von beiden Vorgängerstaaten unterschiedene neue Staat, der im Vertrag über die abschließende Regelung als das "vereinte Deutschland" bezeichnet wird, sondern als durch den "Beitritt" der DDR vergrößerte Bundesrepublik, die mit der vorvertraglichen Bundesrepublik identisch ist. "Die staatliche Einheit, die aus der Wiedervereinigung hervorgeht, ist staatsrechtlich und völkerrechtlich identisch mit der Bundesrepublik Deutschland, die ihrerseits identisch ist mit dem Deutschen Reich", bekräftigt es die herrschende Lehre auf einer im Frühjahr 1990 im Berliner Reichtagsgebäude aus aktuellem Anlass abgehaltenen Sondertagung der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer, um treuherzig hinzuzufügen: "Diese Konsequenz ergibt sich aus dem Selbstverständnis der Bundesrepublik". Das aber bedeutet, dass Polen den Grenzvertrag von 1990 mit einem Staat der gleichen Qualität geschlossen hat, mit dem es bereits den Grenzvertrag von 1970 schloss. Und mehr noch. Es bedeutet nach der immanenten Logik der nunmehr zu ihrem eigenen Gefängnis werdenden Deutschlanddoktrin, dass weder der Vertrag über die abschließende Regelung, dessen Partner die vorvertragliche, noch der Grenzvertrag des Jahres 1990, dessen Partner die nachvertragliche Bundesrepublik ist, abschließenden Charakter haben kann, oder, mit anderen Worten, die Offenheit der deutschen Frage auf unabsehbare Zeit. Dass sich die polnische Seite im Vorfeld des Vertragsabschlusses der Gefahr bewusst war, dass der angestrebte Vertrag den Charakter seines Vorgängers erhielt, verdeutlicht ein ungeschminktes Interview, das Premierminister Mazowiecki am 9.3.1990 der französischen Zeitung "Le Monde" gab. Die Entscheidung fiel mit der am 21. Juli 1990 durch gleichlautende Erklärungen von Bundesregierung und Volkskammer verkündeten Übereinkunft, die Vereinigung der beiden deutschen Staaten als Beitritt der DDR "zum Geltungsbereich des Grundgesetzes" nach Artikel 23, Satz 2 GG zu vollziehen. Sehen wir uns, so vorbereitet, den Wortlaut des Vertrages an, so lesen wir, dass die vertragsschließenden Parteien die zwischen beiden Ländern "bestehende" Grenze "bestätigen" (p. potwierdzaja) und dass diese Grenze jetzt und in Zukunft "unverletzlich" (p. nienaruszalna) sein soll. Zur Beurteilung dieses Wortlauts hat sich noch im Vorfeld des Vertragsabschlusses der französische Außenminister Roland Dumas in unmissverständlicher Weise geäußert. In der Sprache der Diplomatie: "[Unverletzlichkeit] ist vielleicht ein irrtümlich gebrauchtes Wort. Ich glaube nicht, dass die deutschen Regierungen den Hintergedanken haben, ihre Grenzen zu Polen ändern zu wollen." Hier ist ausgesprochen, dass es der deutschen Seite gelungen ist, auch dem Vertrag des Jahres 1990 den Wortlaut eines Gewaltverzichtsvertrages zu geben.

So gewiss es verfehlt wäre, in den aufgezeigten Zusammenhängen das Programm einer aktuellen Wiedergewinnung der polnischen Westgebiete zu sehen, so gewiss und unausweichlich ist die Erkenntnis, dass hier die Option der Wiederherstellung "Deutschlands" in den Bestand der heutigen Bundesrepublik überschreitenden Grenzen in das vereinte Deutschland hinübergerettet ist - eine Option, die angesichts der Vereinigung der beiden deutschen Staaten und der Aufgabe der Rechte und Verantwortlichkeiten der Siegermächte des Zweiten Weltkriegs für Deutschland als Ganzes ihre Realisierungsmöglichkeiten nicht geschmälert sieht.

 

Dass die Haltung, die den genannten Vorbehalten gegen die Anerkennung der Ergebnisse des zweiten Weltkriegs zugrunde liegt, nicht auf die deutsch-polnische Tagespolitik durchschlüge, wäre eine trügerische Hoffnung. Tatsächlich ist im Verlauf der postsozialistischen Wende, in der eine in der polnischen Geschichte nicht anhaltslose, in ihrer aktuellen Erscheinungsform jedoch mitunter das Pathologische streifende Furcht vor dem östlichen Polen in die Arme seines westlichen Nachbarn trieb, auf die Phase einer überhitzten Euphorie, die sich zur Illusion einer deutsch-polnischen “Interessengemeinschaft” verstieg, eine Phase der Ernüchterung und - seit dem Ende der neunziger Jahre - der zunehmenden Verstimmung gefolgt. Deutsche und Polen sehen sich erneut vor die unerledigte Hinterlassenschaft aus der Vergangenheit überkommener Hindernisse einer tatsächlichen Normalisierung ihrer Beziehungen gestellt.

 

Sichtbares Zeichen der Entfremdung war die Antwort des polnischen Sejm auf die Resolution des Deutschen Bundestages vom 29.5.1998, in der die vor dem Hintergrund der bedingungslosen Kapitu-lation des Deutschen Reiches zuletzt im “Abkommen von Potsdam” vom 2.8.1945 festgelegte Aussiedlung der deutschen Bevölkerung aus den an Polen fallenden deutschen Ostgebieten als völkerrechtswidrig bezeichnet und die Erwartung ausgesprochen wird, dass “die mit einem Beitritt Tschechiens und Polens zur Europäischen Union einhergehende Übernahme des gemeinschaftlichen Besitzstan-des durch die neuen Mitglieder die Lösung noch offener, bilateraler Fragen erleichtern wird”. Als Betreff der Erwartung werden das Recht auf Freizügigkeit und die Niederlassungsfreiheit genannt. Die die Eventualitäten lediglich andeutende Übernahme von Ambitionen der Vertriebenen-verbände durch das deutsche Parlament hat in Polen anhaltende Beunruhigung ausgelöst, der die staatlichen Stellen durch konkrete gesetzgeberische und administrative Gegenmaßnahmen Rechnung tragen musste. Die Antwort des Sejm unterstreicht, dass die Ergebnisse des Zweiten Welt-kriegs die unverzichtbare Grundlage einer dauerhaften und gerechten Friedensord-nung in Europa darstellen, die durch einen Beitritt des Landes zur Europäischen Union nicht in Frage gestellt werden dürfen. Als Kernbestand des Fundaments werden die polnische Westgrenze und die polnischen Eigentumstitel an Immobilien in den ehemaligen deutschen Ostgebieten genannt. Die Reaktion der polnischen Parlamentarier zeigt, dass in Polen das Bewusstsein wächst, dass die mit dem EU-Beitritt des Landes verbundenen Konse-quenzen in Verbindung mit dem erheblichen wirtschaftlichen Gefälle zwischen Deutschland und Polen zum Vehikel einer Revision der Besitzverhältnisse in den polnischen Westgebieten werden kann, die sich bereits heute in einem in erheblichem Ausmaß betriebenen, weitgehend illegalen mittelbaren Ianderwerb durch deutsche Käufer abzeichnet und angesichts der im Zuge des EU-Beitritts Polens eintretenden Vernichtung eines Großteils der landwirtschaftlichen Betriebe des Landes ein reiches Betätigungsfeld finden wird. Ohne den Sachverhalt zu leugnen, hat sich das deutsche Bemühen um Schadensbegren-zung darauf beschränkt, “polnische Ängste zu zerstreuen”. Der offiziell zu einem polnischen Missverständnis heruntergespielte Vorfall, der in Gestalt des EU-Beitritts das vorrangige Ziel der polnischen Außenpolitik tangiert, macht exemplarisch deutlich, wie tief der zum Schritt in die Zukunft erhobene Fuß in den Fesseln der Vergangenheit steckt. Er ist jedoch bei Weitem nicht der einzige Anstoß einer ernüchterten Sicht deutscher Polenpolitik. In der Auseinandersetzung um die Entschädigung der Zwangsarbeiter, die in Polen naturgemäß mit größter Aufmerksamkeit verfolgt wird, drängte sich der Eindruck auf, dass deutsche Vorschläge der Abstufung und des Ausschlusses von Entschädigung darauf spekulierten, dass die bereits eingegangene Abhängigkeit des Landes von seinem westlichen Nachbarn es ihm unmöglich machten würde, berechtigte Ansprüche durchzusetzen. Auf Unverständnis musste in Polen endlich die mit unterschiedlichem, teils zu einem Junktim mit dem EU-Beitritt des Landes gesteigertem Nachdruck vorgebrachte Forderung auf die Herausgabe deutscher Kulturgüter stoßen, die infolge kriegsbedingter Auslagerung 1945 auf polnischem Boden verblieben waren. Ihre Bezeich-nung als “Beutekunst” verdeutlicht, wie wenig den Betreibern des Anliegens an einer sachgerechten Ausgangslage und an der Wahrnehmung der Gesichtspunkte des polnischen Gesprächspartners gelegen ist.

Die ins Bewusstsein der polnischen Öffentlichkeit zurückkehrenden Versäumnisse des Normalisierungsprozesses geben zu erkennen, dass die deutsch-polnischen Beziehungen zu keinem Zeitpunkt aus den systemüberdauernden Vorgaben der Geschichte entlassen waren, deren Missachtung die kühnen Träume des postsozialistischen Neubeginns notwendig zu Fall bringen musste. Ihr ist nicht zuletzt das Wunschbild einer deutsch-polnischen Interessengemeinschaft zum Opfer gefallen, dessen realer Inhalt sich auf die Existenz eines Kreuzungspunktes gegenläufiger Zielsetzungen reduziert. Der Kreuzungspunkt ist die Bindung Polens an den Westen, doch ist der polnische Wunsch nach Aufnahme in die westlichen Wirt-schafts- und Sicherheitsstrukturen keineswegs deckungsgleich mit dem deutschen Bestreben, die Außengrenzen der EU den deutschen Grenzen so weit als möglich vorzulagern und dem eigenen Land im Osten einen cordon sanitaire fest angebundener Staaten vorzuschalten, deren Gravitationszentrum in wirtschaftlicher, politischer und militärischer Hinsicht nach Lage der Dinge die Bundesrepublik sein wird. Die vor allem von deutscher Seite forcierte Aufnahme Polens in die NATO sucht den Prozess irreversibel zu machen. Noch ist Polen bemüht, Konkurrenz um den EU-Beitritt durch Vorleistungen bei der Erfüllung der Beitrittsbedingungen auszustechen. So-eben hat es sich vom deutschen Innenmi-nister dafür loben lassen, dass es seine Ostgrenze unter Hintan-setzung seines Interesses am grenzüberschreitenden Handel mit seinen östlichen Nachbarn schengentauglich gemacht hat. Doch nimmt mittlerweile auch in Polen die Einsicht zu, dass der an den Tag gelegte Eifer nicht zum Herrn des Verfahrens macht, und Meinungsumfragen verzeichnen Stimmungstiefs, in denen ein EU-Beitritt des Landes in der Bevölkerung keine Mehrheit findet.

Die Deutsch-polnische Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland betrachtet die gegenwärtige Entwicklung der deutsch-polnischen Beziehungen mit großer Sorge, die ebenso sehr der Besorgnis um die politische Zukunft des polnischen Nachbarn wie dem selbstsüchtigen Interesse an der Zukunft des eigenen Landes entspringt. Über das Schicksal Polens wird - im günstigsten Falle - in Polen entschieden. Die Gesellschaft nimmt aufmerksam zur Kenntnis, dass auch in Polen die Stimmen derer, die sich der Hindernisse einer gleichberechtigten deutsch-polnischen Nachbar-schaft bewusst sind, nicht verstummt sind, dass die unterbrochenen Fäden ihrer wissenschaftlichen Aufarbeitung wiederangeknüpft werden und Alternativen zur beflissenen Übernahme von Vorgaben diskutiert werden, denen die Selbstbestimmung des Landes nicht an erster Stelle steht. Sie hofft darauf, dass diese Stimmen in der polnischen Politik an Gewicht gewinnen und dazu beitragen, dass das Land vom Objekt fremder Interessen zum Subjekt der Gestaltung des eigenen Schicksals wird.

 

(Das Referat kann bei der Redaktion gegen die Einsendung von 5 DM in Briefmarken ungekürzt bestellt werden.)

 

DEUTSCH-POLNISCHE GESELLSCHAFT DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND e.V.

15.7.2000

Sehr geehrte Frau Schwall-Düren

im Namen des Vorstandes der Deutsch-Polnischen Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland e.V. erlaube ich mir, Ihnen zu Ihrer Wahl zur Vorsitzenden der Deutsch-Polnischen Gesell-schaft Bundesverband die herzlichsten  Glückwünsche auszusprechen. Möge Ihre Tätigkeit in der kritischen Zeit einer empfindlichen Abkühlung des deutsch-polnischen Verhältnisses dazu beitragen, die aus einer vor die  Wiedererrichtung des polnischen Staates zurückreichenden Vergangenheit überkommenen Hinder-nisse einer Normalisierung der deutsch-polnischen Beziehungen zu verringern, die Grundlagen einer guten Nachbarschaft von Polen und Deutschen, die bereits Hellmut von Gerlach, der wortmächtige Demokrat und Pazifist in Kaiser- und Weimarer Zeit und erste Namensgeber unserer Gesellschaft, als Schlüsselfrage einer europäischen Friedensordnung erkannte, zu festigen und den sich abzeichnenden Fehlentwicklungen zu steuern. Ich knüpfe an die Veränderungen im Vorstand Ihrer Gesellschaft die Hoffnung, daß nunmehr Bewegung in die seit langer Zeit dahingeschleppte Frage des wechselseitigen Verhältnisses unserer Organisationen  kommt, und schlage Ihnen vor, das unter Ihrem Vorgänger nicht zu Ende geführte Gespräch darüber wieder aufzunehmen.

Ich bleibe mit vorzüglicher Hochachtung

Christoph Koch