Päpstliche Kremschnitte

Reise in das Heimatland von Papst Johannes Paul II.

Von Karl Forster

Eigentlich sollte es eine Fahrt in die Beskiden werden.  Natur und Tourismus waren die Stichworte der Vorbereitung. Doch dann wurde es eine Reise auf den Spuren des polnischen Papstes.

Wer in die Region südwestlich von Kraków reist, kommt an ihm nicht vorbei: Papst Johannes Pauls II ist in seiner Heimatregion allgegenwärtig. Kaum eine Kirche existiert ohne Bildnis oder Statue des Papstes. Überall finden sich Gedenktafeln, wo er in welchem Jahr eine Messe gelesen hat. Auch im Marienwallfahrtsort Kalwaria Zebrzydowska, immerhin dem wichtigsten neben Częstochowa, trifft man auf eine Papststatue.

Dieser Wallfahrtsort hat Bemerkenswertes zu bieten. Die Klosterkirche ist kulturhistorisch von bedeutendem Rang und die Pilgerzüge, meist regionaler Gruppen, haben mehr Ursprünglichkeit als in dem  berühmteren Ort, wo fast jede Pilgergruppe einer politischen Demonstration gleicht. Inzwischen hat man auch hier in Kalwaria Zebrzydowska  Besucherzahlen größten Ausmaßes. Das ist dem berühmten Passionsspiel zu verdanken. Nicht alle zehn Jahre wie in Oberammergau, sondern jährlich in der Karwoche wird hier das große Spiel aufgeführt. Die Darsteller kommen aus dem Ort, nur in den  „Nebenrollen“ dürfen Laiendarsteller agieren. Die Hauptrollen sind den jungen Priestern des Klosters vorbehalten. Rund um die Klosterkirche findet man Kreuzwege mit 42 Kirchen und Kapellen aus dem frühen 17. Jahrhundert.

Zentrum der Papstverehrung ist aber sicherlich Wadowice, der Geburtsort von Karol Wojtyła. Direkt neben der Ortskirche findet man das Geburtshaus. In der damaligen Wohnung ist jetzt eine durchaus interessante Ausstellung aufgebaut, die beispielsweise von der Naturliebe des Kirchenoberhauptes  erzählt.

Einem anekdotenhaften Ereignis verdankt ein ganz profanes Produkt seine Berühmtheit: die päpstliche Kremschnitte. Bei einem Besuch in seiner Heimat hatte der Papst ehemalige Schulkameraden getroffen und dann vor der Presse erzählt, dass er sich daran erinnere, wie sie nach dem bestandenen Abitur in einer Konditorei die „Kremówka“ verzehrten. Dies galt den Schülern vorher als untersagt, weil sich eine Winzigkeit Alkohol in der leckeren Speise versteckte. Wohlweislich erzählte er nicht, in welcher Konditorei dies geschah, so dass alle Zuckerbäcker des Ortes sich fortan rühmen konnten, die päpstliche Kremschnitte zu verkaufen. Auch wenn man sich hinter vorgehaltener Hand erzählt, dass manche Schnitte den weiten Weg aus Warschau von einer Großbäckerei bereits hinter sich habe, machen Freunde der leckeren Speise den weiten Weg, um das Gebäck, das es auch sonst überall im Lande gibt,  hier zu erwerben. Der Werbeeffekt wird so groß eingeschätzt, dass selbst im deutschen Hannover während der Weltausstellung EXPO 2000 im Restaurant des polnischen Pavillons die „Papstschnitte“ auf der Speisekarte zu finden war.

Etwas weiter südwestlich, direkt an der tschechischen und slowakischen Grenze findet man eine Reihe bislang von Deutschen noch wenig entdeckter Touristenzentren. Nur die sogenannten „Heimwehtouristen“ der Vertriebenenverbände können sich noch an diese Region erinnern, die mit Cieszyn, Ustron, Wisła oder Istebna attraktive und preiswerten Urlaub ermöglicht. Ustron beispielsweise, ein Kurort am Fuße der knapp 1000m hohen Großen Czantoria, hat bei 15.000 Einwohnern immerhin rund 6000 Übernachtungsplätze anzubieten. Das Angebot reicht von Privatzimmern und kleineren Pensionen bis zu Hotels und modernen Kurhäusern. Das Preisniveau liegt dabei in der Regel zwischen 10 DM und 30 DM pro Nacht. Lediglich einige wenige Spitzenhäuser erreichen 50 – 70 DM pro Nacht. Vollpension ist in vielen Häusern für einen Aufschlag von weniger als 20 DM zu erhalten. (Auskunft: Polnische Fremdenverkehrsamt Berlin, Tel. 030 – 2100920)

 

Mit dem Schlitten durch die Silvesternacht

Von Agata Adamek und Karl Forster

Es hat sich längst herumgesprochen, dass in Polen gerne und gut gefeiert wird. Ein besonderes Ereignis im Festkalender ist dabei Silvester. Ein historisches Beispiel:

Bereits im 17. Jahrhundert hatte das Danziger Bürgertum prunkvolle Bälle zum Jahresende im Arthus-Schlösschen veranstaltet. Die Gesellen durften dazu sogar die Meistertöchter einladen, allerdings durften die Burschen nicht zulassen, dass die holden Töchter während des Balles herumsaßen, anstatt zu tanzen. In solchen Fällen mussten die Gesellen Geldstrafen zahlen!  Im 18. Jahrhundert gab es dann in Polen einen Ball-Boom. Man veranstaltete Bälle für Jedermann, für junge Mädchen und Herren verschiedener Berufsstände, z.B. auch für das Militär. Auf diesen Bällen musste man strenge Kleidungsvorschriften einhalten. Die Herren trugen meist Frack, Zylinder und Lackschuhe, die Militärs natürlich ihre Paradeuniformen und die Damen lange Abendroben. Jede Dame hatte ein kleines Notizbuch bei sich – die sogenannte Tanzkarte, in der sie ihre Tanzpartner notierte. Und das waren nicht wenige! Jeder Junggeselle musste mindestens einmal mit jedem Fräulein tanzen. Dies war natürlich die mehr oder minder erwartete Gelegenheit sich kennen zu lernen. Der Tanz wurde seinerzeit als „schweigendes Gespräch der Herzen“ bezeichnet. Eine Besonderheit war der Kerzentanz, bei dem eine Kerze in der Hand des Paares die mangelnde Saalbeleuchtung ersetzte. Hatte im 18. Jahrhundert die Polonaise dominiert, wurde sie im 19. Jahrhundert auch in Polen vom Walzer abgelöst.

Die Tradition der Silvesterbälle wird natürlich auch im modernen Polen fortgeführt. Obwohl der überwiegende Teil der Polen private Feiern vorzieht, nehmen attraktive Bälle in Restaurants, Hotels und Ferienheimen gerade in Touristenzentren wieder zu. Im Luxushotel Le Royal Meridian Bristol in Warschau wird es zur Jahreswende 2000/2001, die von vielen als die eigentliche Jahrtausendwende angesehen wird, einen besonderen Ball geben. Nach alter Tradition wird er von einem „Tanzmeister“ geführt, der jedoch zu späterer Stunde auch als DJ fungiert. Präsentationen lateinamerikanischer Tänze gehören genauso zum Programm wie Wahrsage-Spiele. In Malbork werden die Silvestergäste mit Ritterspielen unterhalten und das Orbis Hotel in Nowy Sącz in den östlichen Beskiden erfreut seine Gäste mit einem nächtlichen Schlittenausflug mit Lammessen am Lagerfeuer. In der südöstlichsten Ecke des Landes, im Bieszczady-Gebirge, feiert man unter anderem in einer bewirtschafteten Berghütte auf über 1000 m Höhe am Mała Rawka. Wer jedoch hier mitfeiern will, muss einen Tagesfußmarsch durch den hohen Schnee in Kauf nehmen, da die Hütte schon im Sommer nicht direkt per Auto erreicht werden kann und im Winter die ganze Strecke unpassierbar ist.  Trotzdem schwärmen alle, die eine derartige Silvesterfeiern einmal mitgemacht haben, noch Jahrelang davon.

Wir wünschen allen Lesern, gleich wo und wie Sie den Jahreswechsel feiern, ein gesundes und gutes Neues Jahr! Prosit 2001!