Zur Politik der “Vertriebenenverbände” (Eine Buchbesprechung)

 

Lange nicht mehr hat sich so ausführlich und intensiv ein Autor oder eine Autorin kritisch mit dem „Bund der Vertriebenen“ und seiner Politik bis in die jüngste Zeit beschäftigt. Samuel Salzborn analysiert akribisch die Entwicklung der außenpolitischen Konzepte der „Vertriebenenverbände“ seit ihrem Bestehen bis zur Regierungsübernahme durch die SPD/Die Grünen-Koalition 1998. Es wird deutlich, wie die „Vertriebenenfunktionäre“ ihre Politik dem Lauf der Zeit angepasst haben, ohne das Grundziel, die Wiedergewinnung der ehemaligen deutschen Gebiete, zu verlassen.

In der Analyse macht Salzborn deutlich, dass die „Vertriebenenfunktionäre“ sehr früh erkannt haben, dass sie nicht an der europäischen Einigung vorbeikommen, sondern dass es sogar sinnvoll ist, diese zu unterstützen und so auf die bundesdeutsche Europapolitik einzuwirken. Verbunden damit ist ihr Einsatz für die Festschreibung eines national definierten Volksgruppenrechts als Bestandteil des Völkerrechts. Diese Forderung wurde und wird immer dann besonders in den Vordergrund gerückt, wenn die staatliche Einheit in den Grenzen von 1933 nicht realisierbar erscheint.

Allerdings war und ist diese Orientierung nicht zu jedem Zeitpunkt unum- stritten gewesen. V.a. während und in der Zeit nach dem Umbruch in Polen  1989 und in der frühen 90er Jahren war die Frage, was in den Vordergrund gerückt werden soll, umstritten. Dieser Konflikt führte dann auch, wie Salzborn zeigt, zu einem Bruch innerhalb des BdV zwischen den „Fundamentalisten“ um H. Czaja und den „Pragmatikern“ um H. Koschyk.

Nachdem Salzborn die Grundzüge der außenpolitischen Konzepte der „Vertriebenenorganisationen“ auf allgemeiner Ebene herausgearbeitet hat, untersucht er deren Auswirkungen auf die deutsche Außenpolitik am Beispiel Polen. Hier wird deutlich, dass die Politik des BdV durchaus erfolgreich war, v.a. wenn man die bundesdeutsche Minderheitenpolitik zu Gunsten der deutschen Minderheit in Polen betrachtet. Die völkische Karte war erfolgreich und mit ihr kann man auch in Zukunft Politik machen.

Das Buch von Samuel Salzborn stützt sich auf eine breite Quellensammlung, die nicht zuletzt die Veröffentlichungen der Vertriebenenverbände berücksichtigt. Gerade angesichts der vom BdV initiierten aktuellen Diskussion um ihr geplantes „Zentrum gegen Vertreibungen“ ist eine Kenntnis der Strategie des BdV notwendig. Diese Lücke schließt Samuel Salzborn mit diesem Buch für den Bereich der außenpolitischen Strategie des BdV.

(Samuel Salzborn, Heimatrecht und Volkstumskampf, Ofizin Verlag, Hannover 2001, ISBN 3-930345-28-5)