Ein Denkmal für Kinder und eines von Kindern

 

Von Udo Kühn

Ein aktuelles Projekt, ein Holocaust-Mahnmal, von den Schülern und Lehrern in der Middle School im 1.600-Seelen-Ort Whitwell im US-Bundesstaat Tennessee realisiert, gab mir den Anstoß zu einer Querverbindung:

 

Vor 30 Jahren hatte Frau Ingeborg Kaufmann (Mitglied der Deutsch-Polnischen Gesellschaft in Düsseldorf, Arbeitskreis Aachen; später Kaufmann-Protzner) ein Büchlein1 geschrieben, dessen Verkaufserlös dem entstehenden Gesundheitszentrum des Kindes bei Warschau zufloss. Damals ließen die Schüler aus Krempe (Schleswig-Holstein) mit ihrem Lehrer 10.000 der Büchlein von Frau Kaufmann drucken, schrieben viele Hundert Briefe von Hand, übernahmen den Buchversand und konnten bereits im Oktober 1972 8.000,- DM dem Gesundheitszentrum des Kindes zur Verfügung stellen. Dies steigerte sich bis im März 1973 auf 14.000,- DM Reingewinn. An dieser Aktion beteiligten sich nicht nur die Schüler aus Krempe, sondern vorzugsweise auch Mitglieder der Deutsch-Polnischen Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland, wie zum Beispiel Pfarrer Ascan Lutteroth, der am 16. März 1978 für seine Verdienste um die Verständigung mit der Volksrepublik Polen das Bundesverdienstkreuz erhielt. Parallel dazu entwickelte sich eine Spendentätigkeit in aller Welt, wie die Zeittafel mit einer kleinen Auswahl von Spendern zeigt. Diese Spenden waren nicht nur finanzieller Art, sondern bestanden oft auch aus modernen medizinischen Geräten, was leider in den achtziger Jahren während des Kriegszustandes in Polen zu mancherlei Engpässen im Gesundheitszentrum des Kindes führte, worüber mir Krzysztof Kluczek bei einem Besuch im Sommer 1983 berichtete. Er war zuständig dafür, dass alle Geräte benutzt werden konnten. Es mangelte zeitweise sogar an Batterien für lebenswichtige Instrumente. Daneben betreute er noch die Gruppen der Aktion Sühnezeichen aus der DDR, die im Kinderkrankenhaus arbeiteten.

Was hat dies alles mit den Schülern in der amerikanischen Schule in Whitwell zu tun? Auch hier engagieren sich Kinder für ein Projekt, das an die schrecklichen Ereignisse unter der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg erinnern soll. Um sich eine Vorstellung davon zu machen, was Millionen von Toten in den deutschen Konzentrationslagern waren, sammelten sie elf Millionen Büroklammern (paper clips) aus aller Welt und deponierten diese in einem ehemaligen Güterwaggon der Deutschen Reichsbahn, der vielleicht früher einmal zu Transporten in die KZs diente. Dieses Holocaust-Mahnmal wurde bei einem Festakt2 am 9. November 2001, dem 63. Jahrestag der „Reichskristallnacht“, der Öffentlichkeit in einem kleinen Park in der Nähe der Schule vorgestellt.

1 Kaufmann, Maria Inge-borg: Erinnerungen an Etwas, ein

Kinderschicksal zwischen Deutschland und Polen, 1971, Sommerland: H.-J. Lorentzen [2. Auflage, die erste Auflage erschien 1969]

2 Peter W. Schroeder; Dagmar Schroeder-Hildebrand: Holocaust-Mahnmal der Kinder, In: Zivilcourage, jetzt! Hrsg. von Reiner und Anne Engelmann; Otto Herz, 2002, Arena-Verlag, Arena-Taschenbuch 2081, S. 47-60

[siehe auch Literatur- und Internethinweis in POLEN und wir, 3/2001, S. 12]