Dieser Aufruf ist einer von mehreren, mit denen in Polen verschiedene Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens und politisch sowie gesellschaftliche Gruppierungen versuchen,  den Krieg  zu verhindern.

 

Gemeinsam sagen wir „nein“

Wir stellen uns gegen die Planung eines Angriffs auf den Irak durch die USA und ihre Verbündeten. Obwohl wir unseren Widerspruch aus verschiedenen weltanschaulichen Quellen speisen, sprechen wir es gemeinsam aus:

NICHT IN UNSEREM NAMEN.

Wir erklären, dass wir nichts mit der todbringenden rasenden Entwicklung zum Krieg gegen den Irak gemeinsam haben und wir verbinden uns durch unseren Widerspruch mit Intellektuellen, Künstlern, gesellschaftlich und religiösen Aktiven sowie mit Antikriegsorganisationen auf der ganzen Welt.

Wir meinen, dass dieser Krieg nicht dem Kampf gegen den Terrorismus nützt, sondern zum Tode von zehn- oder hunderttausenden unschuldiger Menschen führt und somit zur Stärkung der Wurzeln des Terrorismus beiträgt. Unserer Meinung nach rechtfertigt nichts das Herbeiführen einer zusätzlichen humanitären Katastrophe von Millionen Menschen, die bereits deutlich genug durch das Regime Saddam Husseins und die wirtschaftlichen Sanktionen leiden.

 [Dieser Aufruf wurde u.a. durch Jacek Kuroń unterschrieben]

(aus: Gazeta Wyborcza vom 7. Februar 2003; Übersetzung: Wulf Schade, Bochum)

 

 

 

Terror bringt Terror hervor

Von Jacek Kuroń

Während ich meine Unterschrift unter die Erklärung „Stoppt den Krieg“ setze, fühle ich mich dazu verpflichtet, meinen Standpunkt zu erklären. Ich bin ein Gegner des Terrorismus. Opfer von Terrorismus sind immer unschuldige Menschen: Kinder Frauen, Zivilpersonen. Terror bringt Terror hervor und liefert den Vorwand, die Menschenrechte und den Bürger in demokratischen Staaten zu miss-achten. Eine besonders grausame Form des Terrorismus ist immer der Krieg. Nicht genug, dass er Unschuldigen schadet, sondern er züchtet Terror heran und stärkt die antidemokratischen Kräfte. So geschah es im Kosovo und in Afghanistan. So wird es im Irak sein.

Ich meine, dass die Bekämpfung der Massenvernichtungswaffen in Ländern, die nicht garantieren, dass sie sie nicht gebrauchen, notwendig ist. Das betrifft jedoch alle Staaten, also auch Russland und die Vereinigten Staaten. Man muss die Zerstörung aller atomaren, chemischen und biologischen Waffenvorräte verlangen – aber den Krieg gegen die Staaten zu führen, die Atomwaffen besitzen, um sie ihnen zu entreißen, droht in eine globale Katastrophe zu münden. Wenn sie diese Waffen allerdings nicht besitzen, entfällt der Grund für einen Krieg.

Der Widerspruch gegen die Produktion von Massenvernichtungswaffen und insbesondere von Atomwaffen ist Pflicht eines jeden Menschen. Das Anstreben einer allgemeinen Abrüstung muss jedoch auch bedeuten, dass man dazu ausschließlich friedliche Mittel gebraucht.                                                                              m

Gazeta Wyborcza, 7. Februar 2003; Übersetzung: Wulf Schade, Bochum

 

 

Saddam Hussein muss abtreten

Von Adam Michnik

Ich teile das moralische Wertesystem von Jacek Kuroń, obwohl es mich zu total entgegengesetzten Schlüssen führt. Ich meine, dass der Krieg im Kosovo die ethnischen Säuberungen stoppte, die durch die Diktatur Miloseviès durchgeführt worden waren, und die Intervention in Afghanistan bedeutete das Ende einer terroristischen Diktatur der fanatischen Taliban. Beide Kriege waren notwendig.

Kein normaler Mensch liebt Krieg und alle wollen Krieg vermeiden. Wenn es jedoch zum Krieg gegen die Diktatur von Saddam Hussein kommt, so wird das ein Krieg sein, der auch im Interesse der polnischen Demokratie geführt wird. Es wird doch ein Krieg gegen eine totalitäre Diktatur sein; gegen die Ermordung der eigenen Bevölkerung; gegen die Bedrohung, die eine Diktatur für die gesamte Welt darstellt.

Saddam Hussein muss abtreten. Wenn er von seinem Posten zurücktritt, kann er den Frieden retten. Saddam Hussein kann zwischen dem Schicksal des iranischen Schahs, der Teheran verließ und dem Ceausescus, des rumänischen Diktators, den seine rebellischen Mit-bürger erschossen, wählen. Es ist gerade Saddam Hussein, der wählen muss. Denn das irakische Volk hat keine Wahl. Wenn es zum Krieg gegen die Diktatur Saddam Husseins kommt, wird es auch ein Krieg für das Recht der Bevölkerung Iraks zu wählen. Uns, den Menschen, die sich an die totalitäre Diktatur erinnern, erscheint es eine moralische Verpflichtung und Selbst-verständlichkeit, den Kampf gegen den Despoten aus Bagdad zu unterstützen.                                                                                                                             m

Gazeta Wyborcza, 7. Februar 2003; Übersetzung: Wulf Schade, Bochum