Kommentar

Unser eigentliches Ziel

Minister Cimoszewicz sprach wohl zu offen aus, um was es im Irak geht

Auf die Frage, weshalb wir uns im Irak befinden, kann man verschiedene, mit der Zeit sich ändernde Antworten hören. Zuerst ging es hauptsächlich um den Kampf gegen den Terrorismus und die Bedrohung, die für die Welt die irakischen Massenvernichtungswaffen darstellen. Als sich herausstellte, dass man diese Waffen nicht finden kann, rückte als Argument in den Vordergrund, dass man die Iraker von einem schrecklichen Regime befreien und ihnen Demokratie bringen musste. Als deutlich wurde, dass die Iraker diese Befreiung nicht besonders entzückt, und dass man nicht leicht jemanden im Irak findet, mit dem man eine Demokratie aufbauen kann, trat an die erste Stelle die bedeutend kleinere Idee der Stabilisierung.

 

Auf die Frage, warum sich gerade Polen besonders dazu berufen fühlt, konnte man hören, dass das die Chancen polnischer Unternehmen an der Teilnahme am Wiederaufbau des Iraks vergrößern, unserer Rang in der globalen Ordnung erhöht und die Position Polens zum Beispiel gegenüber unseren europäischen Partnern stärken würde. Aber anstatt dass die Position Polens gestärkt wird, wird sie deutlich schwächer. Zunehmend schwieriger ist es für uns in Europa Verbündete zu finden – mindestens dafür, um die privilegierte Position, die uns die Beschlüsse von Nizza zubilligen, zu verteidigen. Das war vorauszusehen, denn die Deutschen, die uns viele Jahre lang ehern zur Seite standen, sind immer noch höflich, aber sie werden doch nicht gegen die uns weniger geneigten Franzosen für Polen kämpfen, das sich im deutsch-amerikanischen Streit auf die Seite Washingtons stellte. Von der gesamten Argumentation bleibt demnach nichts außer der Hoffnung bezüglich des erhofften wirtschaftlichen Nutzens.

Einen Tag nach der Abreise einiger Hundert polnischer Soldaten zur Mission in den Irak brachte Außenminister W³odzimierz Cimoszewicz einen neuen Blickwinkel als Begründung ins Spiel, der für die polnische Anwesenheit in diesem Land bedeutend ist. Nach den Feierlichkeiten zur Unterzeichnung des Vertrages zwischen der amerikanischen Firma Kellog Bron&Root und der Nafta Polska SA antwortete der Minister auf Fragen von Journalisten. Aus der Veröffentlichung der Polnischen Presseagentur ergibt sich, dass der Minister während der Antwort auf die Frage, ob Dank des Vertrages polnische Firmen Zugang zu den Ölquellen des Irak bekämen, feststellte: „Ich erwarte, dass die Teilnahme polnischer Firmen verschiedene Bereiche betreffen wird, u.a. auch den – ich verheimliche das nicht – der uns sehr am Herzen liegt.“ Auf die Bitte, das zu präzisieren, fügte Cimoszewicz hinzu: „Das ist unser eigentliches Ziel (...) wir möchten, dass polnische petrochemische Firmen endlich direkten Zugang zu den Rohstoffquellen bekommen“, erklärte er. Er drückte dabei die Hoffnung aus, dass die Unterzeichnung des Vertrages „den Weg zur Erreichung dieses Zieles eröffnet“.

Das ist offensichtlich eine wichtige und interessante Information, aber es wäre besser, wenn der Chef der polnischen Diplomatie jedoch weniger offen gewesen wäre. W³odzimierz Cimoszewicz zeigte bereits in der Vergangenheit eine übermäßige Offenheit, als er als Premier die Überschwemmungsopfer rügte, sie sollten sich lieber rechtzeitig versichern anstatt Hilfe vom Staat zu fordern. Damals schadete die übermäßige Offenheit als Premier nur ihm und seiner Gruppierung. Heute stellt die übermäßige Offenheit des Außenministers uns alle in eine unvorteilhafte Situation, vor allem aber unsere Soldaten, auf deren Anwesenheit im Irak durch das Spiel um Öl ein Schatten fällt, das entsprechend der alten kolonialen Logik geführt wird: besetzen und ausbeuten.

Ölquellen gibt es an vielen Orten auf der Welt. Petrochemische Firmen können Öl auf dem Rotterdamer Markt kaufen, können es direkt über den Produzenten (z.B. durch die Rohrleitung aus Russland) einführen, können sich auch an den Verhandlungen über Schürfrechte beteiligen und danach die Lagerstätten in den verschiedenen Ländern ausbeuten. Sie können das allein oder mit Hilfe der Bildung verschiedener Konsortien tun. Es wäre nichts unnatürliches dabei, wenn polnische Firmen mit amerikanischen Korporationen zusammenarbeiten würden und bedeutende Anteile an den Schürfrechten irgendwelcher großer Lagerstätten in China, Afrika oder am Kaspischen Meer hätten. Unnatürlich und beunruhigend ist dagegen diese besondere Hoffnung dann, wenn der polnische Minister sie mit dem besonderen Interesse eines amerikanisch-polnischen Konsortiums an gerade irakischen Lagerstätten verknüpft. Wäre es nicht besser, sich ein anderes eigentliches Ziel zu suchen?

Jacek Zurowski  m

 

Nasz cel finalny, Minister Cimoszewicz chyba zbyt szczerze powiedzia³, po co jedziemy do Iraku, Polityka Nr. 28 vom 12. Juli 2003, S. 17; Übersetzung: Wulf Schade, Bochum