360 Jahre Magdalinäum - Gymnasium
in Wrocław mit großer europäischer Tradition
Von Otmar Eitner
Scheitnig
(Szczytniki) ist einer der schönsten Stadtteile von
Wrocław. Hier liegt an der ul. Parkowa (Parkstraße),
in einem ehemaligen Villenviertel, das
II. Liceum Ogólnokształcace
im. Piastów Sląskich. Das Gebäude der heutigen Schule wurde 1929
als Neubau des damaligen deutschen St. Maria-Magdalenen-Gymnasiums
eingeweiht. Das Magdalenäum, wie es auch genannt
wurde, ist eine der ältesten Schulen in Schlesien, wurde bereits 1267 als Lateinschule
“at sedem Sanctae Mariae Magdalenae” gegründet und 1643
zum Gymnasium erhoben.
In dem Buch mit dem Titel “Das Gymnasium St. Maria
Magdalena zu Breslau”, das anlässlich eines Schulbesuches von zehn ehemaligen
Schülern der Jahrgänge 1929 und 1930 dem heutigen Schulleiter überreicht wurde,
wird die Geschichte des St. Maria-Magdalenen-Gymnasiums vorgestellt und von
verdienstvollen und bekannten Direktoren der Schule sowie von 30 prominenten
ehemaligen Schülern berichtet. Zu ihnen gehören u.a. der Schriftsteller,
Lyriker und Diplomat Martin Opitz (1597-1639), der Philosoph, Mathematiker und
Physiker Christian Wolff (1679-1754), der Politiker und Diplomat Friedrich von
Gentz (1764-1832), den man “die graue Eminenz Metternichs” genannt hat, der Botaniker und Bakteriologe Ferdinand Cohn
(1828-1898), dessen Grabstätte auf dem Jüdischen Friedhof in Wrocław (Breslau)
noch heute existiert, der Sozialphilosoph und Sozialpolitiker Ferdinand
Lassalle (1825-1864), dessen Grabmal sich ebenfalls auf dem Jüdischen Friedhof
befindet, der Mediziner und Nobelpreisträger Paul Ehrlich (1854-1915), der
Apotheker und Unternehmer Oscar Troplowitz (1863-1918),
der die Firma Beiersdorf mit Leukoplast, Labello
und Nivea groß gemacht hat, und der Historiker Fritz Stern (*1926), der Breslau
1938 mit seinen jüdischen Eltern verließ und seitdem in den USA lebt. Alle hier
genannten Persönlichkeiten der Politik, Wissenschaft, Kunst und Wirtschaft
haben auf ihre Weise europaweit gewirkt.
Die Geschichte des St. Maria-Magdalenen-Gymnasiums und die Biographien der prominent gewordenen Schüler lassen auf beeindruckende Weise deutlich werden, welche geistigen Kräfte von dieser humanistischen Schule ausgegangen sind. Insbesondere das Beispiel des Literaten und Politikers Martin Opitz, der Herren deutscher und polnischer Sprache, katholischer und evangelischer Konfession gedient hat, kann uns ein Beispiel der geistigen Souveränität und Toleranz sein - in einem neuen alten Europa.