Die Besetzung Katowices am 4. September 1939

Der Falmschirmsprungturm

Eine Diskussion in Polen – eingeleitet und dokumentiert von Wulf Schade

 

In der letzten Ausgabe von POLEN und wir haben wir anhand der Buchbesprechung “Grenzerfahrungen” von Alicja Wancerz-Gluza  gezeigt, wie tiefgehend örtliche Initiativen in Polen die Geschichte ihrer Ortschaften und Landstriche diskutieren. Es wurde deutlich, dass versucht wird, nichts auszusparen. Diese Beispiele stehen den im Zuge der Diskussion um ein Zentrum gegen Vertreibungen aufgekommenen Behauptungen, in Polen würde die deutsche Geschichte polnischer Ortschaften und Landstriche geleugnet, entgegen. Mit der in dieser Ausgabe von POLEN und wir zusammengefassten und dokumentierten Diskussion über die Besetzung Katowices durch die Wehrmacht am 4. September 1939, die in der “Gazeta Wyborcza”, Regionalteil Katowice in den Monaten Oktober-November 2003 stattgefunden hat und im Februar dieses Jahres fortgeführt wurde, wird deutlich, dass viele Menschen in Polen bereit sind, auch ein identitätsstiftendes Ereignis als möglichen Mythos in Frage zu stellen. Es wäre erfreulich zu sehen, wenn auch nur ansatzweise eine ähnlich offene Diskussion der Vertriebenenverbände über die mannigfaltige Verstrickung ihrer Gründungsfunktionäre mit dem Nationalsozialismus stattfinden würde wie auch über den Mythos, die Stuttgarter Erklärung von 1950 sei ein Friedens- und Versöhnungsdokument gewesen...

 

Die Diskussion über die Besetzung Katowices 1939 begann mit einem Artikel über den Dokumentenfund des polnischen Historikers der Schlesischen Universität, Prof. Dr. Ryszard Kaczmarek, im bundesdeutschen Militärarchiv in Freiburg. Dort fiel ihm eine Mappe in die Hand, in der sich die Tagesberichte des die 239. Division der Wehrmacht kommandierenden Generalmajors Ferdinand Neuling befanden. Diese Division führte die Besetzung Katowices durch. Unter diesen Berichten befand sich auch der Tagesbericht über die Besetzung, der sehr nüchtern die Aktionen der Wehrmacht am 4. September 1939 beschrieb. Dem Bericht nach wurde Katowice ohne größere Widerstandsaktionen von Seiten der polnischen Armee oder Bevölkerung genommen. Auf Seiten der Wehrmacht habe es keine Toten gegeben.

Dieser Bericht stand zu der in der polnischen Geschichtsschreibung dargestellten Beschreibung in deutlichem Gegensatz. Hier wird nämlich beschrieben, dass Katowice erst nach hartnäckigem Widerstand von polnischen Freiwilligen, v.a. Pfadfindern, von den Deutschen eingenommen werden konnte. Bei den Kämpfen seien viele Deutsche getötet worden, polnische Pfadfinder hätten heroisch gekämpft, wobei einige dabei ihr Leben lassen mussten. Auch vor Grausamkeiten hätten die Deutschen nicht zurückgeschreckt.

Bartosz T. Weliński, Redakteur der “Gazeta Wyborza”, Regionalteil Katowice, stellte den Inhalt des Berichtes von Neuling unter der Überschrift „Gefundene Notizen aus dem Jahre 1939 können die Geschichte ändern“ Ende Oktober letzten Jahres in der Zeitung wie auch im Internet (www.gazeta.pl/katowice) vor. Der Bericht Neulings wurde dann mit Passagen aus dem Roman des Schriftstellers Kazimierz Gołba über die heroische Verteidigung von Katowice konfrontiert, den dieser bereits Ende der 40er Jahre aufgrund von Materialsammlungen und Interviews unter dem Titel: „Der Fallschirmsprungturm“ geschrieben hatte.

In einem Interview mit Prof. Dr. Ryszard Kaczmarek in derselben Ausgabe der GW, Katowice, stellte dieser die Authentizität der in Freiburg gefundenen Dokumente nicht in Frage. Weliń ski beendete seinen Beitrag mit der Aussage: „Natürlich besteht die Möglichkeit, dass die Berichte Neulings gefälscht wurden oder der General darin nicht die ganze Wahrheit schrieb. In den Berichten steht z.B. nichts über die Erschießungen der Verteidiger von Katowice. Wenn aber die Historiker die in Deutschland gefundenen Dokumente als glaubwürdig anerkennen, so muss man die Geschichtsbücher umschreiben.“ 

In den folgenden Ausgaben der “Gazeta Wyborcza”, Regionalteil Katowice und im Internet fand eine sehr engagierte und kontrovers geführte Diskussion statt, wobei die Redaktion bemüht war, alle Meinungen zu Wort kommen zu lassen. Auffallend ist dabei, dass bisher erst eine deutsche Stimme, die des Historikers Dr. Peter Chmiel vom Oberschlesischen Landesmuseum in Ratingen Hösel, zu Wort kam. Leider ließ er es sich nicht nehmen, diese innerpolnische Diskussion  in belehrendem Ton gleich auf die Ebene “Polen gegen Deutsche” zu heben. Bartosz T. Weliński fuhr im Dezember 2003 persönlich nach Freiburg, um in dem Archiv weitere Dokumente und Fotos zum Thema zu sichten und damit die Diskussion im Raum Katowice zu versachlichen.

Im Folgenden dokumentieren wir die Auszüge der Internetdiskussion, wie sie in der Ausgabe  der Gazeta Wyborza, Ausgabe Katowice vom 14. November 2003 veröffentlicht wurden, sowie das Interview mit dem deutschen Historiker Dr. Peter Chmiel vom 7. November 2003.

 

 

Internetdiskussion, dokumentiert in der Gazeta Wyborcza, Ausgabe Katowice vom 14 November 2003

Der Turm ein Mythos?

 

Das ist eine traurige Nachricht. Meine Pfadfindergruppe trägt den Namen Schlesische Adler. Und was jetzt? Sollen wir den Namen ändern? Kathy

Nein nichts ändern. An die Legende glauben. Am Ende verteidigten sich so oder so die Jungen und Mädchen und dafür wurden sie erschossen. Kolo

Es leben doch noch genug Leute aus dieser Zeit, die die Kraft für die Wahrheit haben müssen. Der Überfall am 1. September 1939 war eine typisch deutsche Erledigung der Angelegenheit: Brechen aller völkerrechtlichen Verträge und ein plötzlicher Überfall. Dass in dieser Situation überhaupt einer der Jugendlichen auf die Idee kam, Widerstand zu organisieren und das es ihnen gelang, andere zu gewinnen, die mit nichts in der Hand als ein paar Karabiner und Fahrtenmesser begannen die Verteidigung zu organisieren, ist ein Beispiel für großes Heldentum und Vaterlandsliebe. Ehre ihrem Angedenken. Die Pfadfindergruppe kann mit großem Stolz auf sie zeigen. fritz

Glaubt ihr irgend einem Nazi, der Polen ermordet hat? Greift euch an die Stirn, um nicht zu vergessen, wer die Hitleranhänger waren und was sie mit uns machen wollten? Kamil (...)

Leute, haut euch richtig auf eure Köpfe! Schreibt ein General objektiv über seine Verbrechen? Mis

Natürlich nicht! Nur Golba hat objektiv geschrieben, denn er war Pole. g1(...)

(...) Man muss zwischen einem Heeresbericht und einem politischen Bericht unterscheiden. Der Heeresbericht enthält Angaben über die eigenen Verluste und die des Feindes, über die Kampfhandlungen u.s.w. Warum sollten wir nicht die Richtigkeit des Berichts annehmen? Warum soll ein offizielles Dokument schlechter sein als Belletristik? Warum sollten wir letztendlich nicht die Wahrheit annehmen, dass die Pfadfinder dem Feind keine Verluste zufügten, aber dennoch starben, Polen verteidigend? Das mindert ihr Heldentum keineswegs. WOLF

Alle, die Zweifel haben, wie es wirklich war, die lade ich zu einem Friedhofsbesuch in Katowice Panewniki ein (gegenüber der Basilika). Dort befinden sich die Gräber der Pfadfinder von 1939. Viele wurden nicht einmal 20 Jahre alt. psie pole

Die Demontage der Mythen ist oft schmerzhaft. Dennoch sollten wir uns 50 Jahre nach Kriegsende von dem Willen leiten lassen, die historische Wahrheit kennen zu lernen, so wie sie war. Ich denke nicht, dass es eine Relativierung ist, denn das allgemeine Bild ist bekannt und eher unstrittig. Aufgeklärt werden sollten unklare Einzelheiten, denn wenn wir das nicht tun, werden jegliche Art der Verschleierung von Unklarheiten dazu genutzt, eine totale Neubewertung der Geschichte durchzuführen. „In euren Büchern schreiben sie über die heldenhafte Verteidigung des Fallschirmsprungturms, aber wir haben Beweise dafür, dass es nicht so war. Ihr schreibt, dass wir Warschau zerstört und eure Intelligenz ermordet haben, aber vielleicht ist das auch nicht richtig...?“ Wie es 1939 wirklich in Katowice war, wissen wir nicht. Wir haben nur ein Signal erhalten, dass die bisherige Geschichtsinterpretation möglicherweise fehlerhaft war. Jetzt ist eine tiefgründige Untersuchung notwendig, der Zugriff auf Zeugen und Dokumente u.s.w. Bis zum Ende der Untersuchung schlage ich vor, sich jeden eindeutigen Kommentars in dieser Angelegenheit zu enthalten. In all den Jahren wurde uns eingeredet, dass der heldenhafte Kommandant der Verteidigung der Westerplatte Major Sucharski war. Solche Texte leierten wir in den Schuljahren herunter. Heute kommt heraus, dass die Verteidigung faktisch von Hauptmann D¹browski angeführt wurde und Sucharski, psychisch gebrochen, kapitulieren wollte. Hat das etwas an der Tatsache geändert, dass die Verteidigung der Westerplatte eine Heldentat war und Deutschland der Aggressor? Nein! Rudy102_t_34_85

Kompletter Blödsinn. Historiker und glaubt an das, was der deutsche Kommandant in seinem Bericht geschrieben hat, das polnische Kinder „die altgermanische Stadt Kattowitz“ verteidigten? Oder, dass die deutschen Truppen durch Pfadfinder aufgehalten wurden? Ein Bravo für die Intelligenz der Historiker der Schlesischen Universität. Cavko

Ihr habt keine Ahnung davon, was eine historische Quelle ist. Beginnen wir damit – die Notizen des Offizier waren kein Element der Propaganda. Er hatte nicht die Absicht, sie zu veröffentlichen. Sie lagen im Archiv. Sie waren für die interne Verwendung bestimmt. Wenn die deutsche Armee wirklich empfindliche Verluste erlitten hätte, hätte der Offizier darüber einen Bericht anfertigen und sich irgendwie erklären müssen. (...) Und das wichtigste – welche polnische Quelle spricht von der Verteidigung des Fallschirmsprungturms? slezan

Hier geht es nicht um die Negierung des gesamten Vorfalls, sondern um seine Entmythologisierung. Ein deutscher Offizier wäre sicher nicht im Stande, diesen für ihn unangenehmen Vorfall vor seinen Vorgesetzten zu verheimlichen – das er am Ende nicht weit entfernt vom Ort des Geschehens war. Die wichtigste Frage ist die, so viel ich weiß, dass es keine Quelle gibt, die eine andere Version der Ereignisse präsentiert, denn das Buch von Golba ist keine Quelle. slezan

Die deutsche Armee war und bleibt eine Armee der Völkermörder und der schrecklichsten Verbrecher? Wer glaubt einem deutschen Verbrecher? Der dumme Pole. Roo

Der Kerl hat einige hundert Soldaten verloren und das nicht gemeldet? Amoremio (...)

Ich weiß nicht, ob die verehrten Forumleser gemerkt haben, dass im Titel des Artikels in der „Gazeta Wyborcza“ ein Fragezeichen stand. Das heißt doch nicht mehr oder weniger, dass die „Gazeta Wyborcza“ nichts entschieden hat. Außerdem stellt niemand in Frage, dass die Verteidigung des Fallschirmsprungturms eine Tatsache war. Es gibt nur zwei Gesichtspunkte von zwei Seiten. Ich denke mir, dass der Artikel der Beginn der Suche nach der richtigen Wahrheit ist und zur Entmythologisierung einiger Dinge beiträgt, aber nicht das Andenken der Verteidiger von Katowice beschädigt. sandwich

Ich habe aufgepasst. Weiter scheint mir der ganze Artikel eine Einladung zur Diskussion zu sein und viele Forumleser haben davon vernünftigerweise Gebrauch gemacht. Das einzige, was letztlich der Bericht des deutschen Generals ändert, ist das, dass die Pfadfinder ihnen keine Verluste zugefügt haben und dass es keine Flugzeugunterstützung gab. (...) die Tapferkeit der Pfadfinder und Pfadfinderinnen wurde durch nichts geschmälert. g1 (...)

Die Ereignisse können nicht so abgelaufen sein, wie sie Golba beschrieben hat. Ich stimme darin überein, dass dort eher keine Flugzeuge waren, denn die Deutschen brauchten sie zum Kampf mit der regulären Armee. Die Deutschen griffen den Turm hundertprozentig nicht über die Treppen an, denn das wäre kompletter Blödsinn gewesen. Als sie beschossen wurden, zogen sie sich zurück und benutzten Geschütze. Wenn einige Pfadfinder diesen Turm verteidigt haben (eine schlechtere Verteidigungsposition ist schwer vorstellbar) und dabei im Stande waren eine Infanteriedivision aufzuhalten, die Luftunterstützung erhielt, dann verstehe ich nicht, wie wir den Krieg verlieren konnten. Die Pfadfinder und Aufständischen, die Katowice verteidigten waren Helden. Aber sie konnten keine unmöglichen Dinge machen. rademaker

Sie haben Recht. Fragt diejenigen, die das überlebt haben, die kennen die Wahrheit, wie es wirklich war. Aber die Sache mit dem Fallschirmsprungturm ist eine Legende von Herrn Golba, ausgedacht für die Bedürfnisse der polnischen Propaganda. Wie viele Mythen noch fallen werden wird die Zeit und die wahre Geschichte zeigen. peterp (...)

Ich befürchte, dass wir nie den Bericht der polnischen Seite kennen lernen werden. Wie bekannt, starben alle Verteidiger des Fallschirmsprungturms. Ich würde solche angeblichen „Sensationen“ nicht so ernst nehmen. Jeder Kommandeur bauscht seine eigenen Erfolge auf und diskreditiert die Gegenseite. Die Deutschen haben im September darauf abgezielt. Übrigens der literarische Bericht von Golba unterscheidet sich nicht so sehr von dem, was das deutsche Material enthält. Die Kattowitzer Deutschen haben wirklich ihre „Befreier“ mit Blumen begrüßt. Die Verteidigung des Turms und ganz Katowice hatte keine militärische Bedeutung und dauerte wirklich nicht lange. Von Anfang an war das ein patriotisches politisches Symbol. Die Pfadfinder und Aufständischen hatten dieses Bewusstsein, in dem sie die Hauptstadt des polnischen Schlesiens verteidigten. Sie wussten, dass sie die Deutschen nicht würden aufhalten können, aber sie wollten den Beweis erbringen, dass Katowice eine polnische Stadt ist und sich nicht alle Einwohner über den Einmarsch der Wehrmacht gefreut haben. Ich möchte noch einmal unterstreichen, der „Fallschirmsprungturm“ von Golba ist eine literarische Fiktion, die auf Fakten beruht. Ich weiß nicht, wie der Autor des Artikels herauslesen konnte, dass die Pfadfinder eine deutsche Division aufhalten konnten? Das steht nicht im Roman. Und das die Deutschen sich nicht zur Erschießung von Zivilisten bekennen? Wundert euch das? Seid ihr etwa bereit, daran zu glauben? tomek (...)

Möglicherweise ist das Buch über die heldenhafte Verteidigung des Fallschirmsprungturms etwas schön gefärbt und entspricht nicht bis zum Ende dem wirklichen Geschehen, aber würde sich ein Hitlergeneral in den Berichten damit brüsten, dass eine Handvoll polnischer Pfadfinder ihn auf dem Weg nach Katowice aufgehalten hat? Mit Sicherheit nein!!! Deshalb sind meiner Meinung nach, die Berichte nichts wert. Das ist ganz einfach eine Schönfärberei der Ereignisse für das Oberkommando. gustaw

Die gefundenen Berichte Neulings bringen wirklich nichts Neues. Darüber, dass die Verteidigung des Turms (möglicherweise) eine Legende ist, darüber spricht man schon seit zwanzig Jahren. Dass die deutsche Armee mit Blumen begrüßt wurde  (so wie in Bielsko, Grudzi¹z und vielen anderen polnischen Städten), ist allgemein bekannt. Schlesien verteidigte die reguläre Armee, geschlagen durch die Deutschen in der Schlacht bei Wyry. Die Kämpfe mit den Freicorps führten Abteilungen, die aus ehemaligen Aufständischen und ihren Söhnen zusammengesetzt waren. Natürlich stellt sich die Frage, ab wann hat die Zivilbevölkerung die Pflicht, mit der Waffe in der Hand zu kämpfen?  Volksdeutsch (...)

Übersetzung: Daniela Fuchs, Berlin

 

Kehren wir zu den Fakten zurück

 

Bartosz T. Wieliñski: Was bedeutet es, wenn sich die Version von Neuling bestätigt?

Peter Chmiel: Dann fällt ein weiterer polnischer Mythos, und Mythen dieser Art gibt es viele in der polnischen Geschichte: Vom Koœciuszko-Aufstand über die Napoleonischen Kriege bis zum letzten Weltkrieg.

- Sie erkennen aber an, dass die Deutschen den Krieg begannen, in dem sie Verbrechen begingen...

- Das ist unstrittig. Es kann jedoch nicht so sein, dass man von den Deutschen Redlichkeit fordert, und zugleich, wenn es einen selbst angeht, Legenden im Munde führt. Das dient der Versöhnung nicht. Es ist verständlich, dass in Polen und den anderen Ländern, die Opfer Hitlers waren, diese Art von Legenden entstanden, aber seit Ende des Krieges verging bereits ein halbes Jahrhundert.

- Wie wird die Verteidigung von Katowice in der deutschen Historiographie beschrieben?

- Im Allgemeinen wird sie gar nicht beschrieben, weil sie von unserem Standpunkt aus ein Zwischenfall war, der wenige Stunden dauerte. Dass von einem Turm oder von Dächern der Mariackastraße geschossen wurde, hat keinerlei Bedeutung. Der Krieg hatte gerade erst begonnen und die Scharmützel um Katowice wurden dann durch die Schlacht um Bzura oder die Belagerung Warschaus überschattet.

- Wenn Sie polnischer Historiker wären, würden Sie daran glauben, dass Neuling die Stadt ohne Verluste nahm?

- Ich denke ja. Warum sollte Neuling lügen wollen? (...) Wenn er Verluste gehabt hätte, hätte er sie melden müssen. Im anderen Falle hätten ihn große Unannehmlichkeiten erwartet.

- Warum unterscheiden sich die Beschreibungen von Golba so sehr von den Berichten Neulings?

- Hier kann ich nur Vermutungen anstellen. Ich bitte zu beachten, dass die Legende nach dem Kriege entstand. Vielleicht liegt ja jemandem daran, um die Tatsache zu verschweigen, dass die Wehrmacht in Katowice mit Blumen begrüßt wurde, obwohl über 17 Jahre lang Katowice polonisiert worden war. Vielleicht wurde gerade deshalb die Legende um den Turm geschaffen.

 

(Dr. Peter Chmiel ist Historiker. Seit den 60er Jahren wohnt er in Deutschland, aufgewachsen ist er in Sopienice. Er arbeitet im Oberschlesischen Landesmuseum in Ratingen Hösel.); Gazeta Wyborcza, Regionalteil Katowice, 7. November 2003 Übersetzung: Wulf Schade, Bochum