Vorurteilen entgegentreten - Zusammenarbeit organisieren

“Manchmal ist von der Erweiterung Europas die Rede, ein Satz, der von großer historischer Unkenntnis, von einem West-Europa-Zentrismus getragen ist. Nein, nicht Europa wird größer, vielmehr kommt Europa zueinander. Warschau und Prag sind genau so europäische Städte wie Paris und Berlin. Der Satz zeugt davon, dass sich viele noch nicht vom alten Westeuropa  verabschiedet haben. Wir erleben (...) die Erweiterung der EU um zehn alte europäische Staaten zu einem Neuen Europa im Nicht-Rumsfeld’schen Sinn.”

Diese Sätze sind der Broschüre “Grenzmotive, Nachdenken über die Nachbarschaft zwischen Deutschen und Polen” entnommen, die von einer  interessanten Beratungsinitiative in Brandenburg erstellt wurde. Diese Initiative heißt MBT-Eurokomm. und wird im Rahmen des Xenos Programms der Europäischen Union  "Leben und Arbeiten in Vielfalt" gefördert. Wichtige Schwerpunkte sind - wie es im nebenstehenden der Broschüre entnommenen Beitrag zu lesen ist - die direkte Beratung bei der Knüpfung von Kontakten zwischen den Menschen, Betrieben und Behörden diesseits und jenseits der Oder wie auch der Abbau Begegnung hindernder Vorurteile durch Information und Bildung. Dem dient diese informative Broschüre, die offen vorhandene Probleme und Ängste anspricht, dabei aber schaut, welchen realen Hintergrund diese besitzen. Hervorzuheben dabei ist, dass in der Broschüre sachlich, v.a. bezüglich historischer Hinergründe, informiert wird, dabei aber Ursachen und Folgen realer Geschehnisse nicht verwischt werden. So ist es sicher kein Zufall, dass in mehreren Beiträgen distanzierend das "Zentrum gegen Vertreibungen" sowie die Schädlichkeit dieses geplanten Vorhabens für die Beziehungen der Menschen beiderseits der Grenzen angesprochen wird.

Die Broschüre wie auch weitere Informationen sind erhältlich bei:

Mobiles Beratungsteam Eurokomm., Dr.-Wilhelm-Külz-Straße 43,

15517 Fürstenwalde

T: 03361-711265/4, Fax: 03361-711389

e-mail: mbt-eurokomm@jpberlin.de

 

Praktische Impulse

Von Katja Hoffmann

Das MBT-Eurokomm. hat ein spezifisches Beratungs und Informationsangebot für die grenznahen Regionen Brandenburgs zu Polen entwickelt. Zeitlicher Anlass für diese neue Beratungstätigkeit ist die nun eingetretene Zugehörigkeit Polens zur Europäischen Union. Ab Mai 2004 werden die staatlichen Grenzen zwischen Deutschland und Polen allmählich ihre ursprüngliche Bedeutung verlieren. Das löst bei vielen Menschen ein Gefühl gespannter Erwartung aus, setzt aber auch Ängste frei, die nicht übergangen werden dürfen. Wie diese Entwicklung gestaltet wird, wie Brandenburgerinnen und Brandenburger damit umgehen, entscheidet unseres Erachtens über die Qualität und Perspektive des Sozialraums und Wirtschaftsstandortes Brandenburg. Fremdenfeindlichkeit sowie latente Polenfeindlichkeit, Rassismus und Gewalt müssen, wo sie wirksam werden, zurückgedrängt und abgebaut werden.

 

Das MBT-Eurokomm. ist Teil des Mobilen Beratungsteams Tolerantes Brandenburg und knüpft an dessen grundsätzlichen Arbeitsauftrag an. Dazu zählt die gemeinsame Entwicklung und Sicherung demokratischer Grundwerte sowie die Stärkung der Verantwortung jedes Einzelnen vor Ort. Das auf Grundlage erster Erhebungen und der Analyse der vorrangigsten Problem- und Bedarfslagen entwickelte Angebot umfasst folgende Leistungen, die von lokalen und Arbeitswelt bezogenen Akteuren in Anspruch genommen werden können:

- Unterstützung und Vermittlung von Kontakten von Unternehmen und Ausbildungsträgern bei der      Projektentwicklung und -begleitung mit dem Ziel, Auszubildende aus Brandenburg und Westpolen durch gemeinsame Ausbildungsprozesse besser für einen gemeinsamen Markt zu qualifizieren und Schlüsselqualifikationen wie interkulturelle Kompetenz zu vermitteln.

- Information und Aufklärung zur sozialen, ökonomischen, politischen und demographischen Entwicklung im Grenzgebiet. Hier werden beispielsweise gemeinsam mit Trägern der Kulturarbeit Generationen übergreifende Geschichtswerkstätten geplant.

- Unterstützung bei der Organisation von Beratungsprozessen zwischen Verantwortungsträgern aus Wirtschaft, Aus- und Weiterbildung, öffentlicher Verwaltung und lokalen Initiativen.

- Informationen und Aufklärung zur Thematik der Erweiterung der EU. Hierzu zählen Veränderungen  des Arbeitsrechts, der Zollbestimmungen, der Möglichkeiten Grund und Boden im jeweiligen Nachbarland zu erwerben, aber auch Fragen zur Sicherheit und der Bekämpfung typischer Grenzkriminalität. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass Vorurteilen und Ängsten nur bedingt mit Informationen und Aufklärung zu begegnen sind, wichtiger noch ist die ernsthafte Auseinandersetzung mit den individuellen Einstellungspotenzialen.

- Seminare und Workshops zu Themen, die die historische und gegenwärtige Entwicklung der Region reflektieren, die Folgen der EU-Erweiterung auf den Sozialraum diskutieren, Fragen wie nationale/regionale Identität, interkulturelle Kompetenz, Selbst- und Fremdwahrnehmung behandeln etc.