Multiplikatoren im Tandem

Deutsch-polnischer Sprachkurs als Weg zu weiteren Jugendbegegnungen

Von Karl Forster

 

Wie schwer ist es eigentlich wirklich, Polnisch zu lernen? Das fragte sich der Autor dieses Beitrags nach 20 Jahren Polen-Reisen und einem beträchtlichen Wortschatz in der Grundform, aber absolut ohne Grammatik-Kenntnisse. Und wo lernt man am besten Polnisch? In der Volkshochschule, jede Woche eine Stunde? Oder im Selbststudium mit Computerprogramm oder Hörcassette? Die Antwort sollte dann diese werden: Am besten in Polen! Also machte ich mich auf zu einem Selbstversuch bei einem Sommersprachkurs von Germanitas, einer vor 10 Jahren von Mitgliedern der Polnisch-Deutschen Gesellschaft Rzeszów gegründeten Sprachschule.

 

Der Ort des Geschehens war in diesem Falle aber nicht das im südostlichen Landesteil gelegene Rzeszów, sondern das ganz im Nordosten liegende Gołdap. Grenznähe ist bei diesem Ort wohl nicht der richtige Begriff. Der Ortsteil, in dem sich das kleine Hotel mit Ferienhausanlage und eigenem Strand direkt an einem See befand, bildete die Grenze zum Kaliningrader Gebiet Russlands. Nur wenige hundert Meter entfernt verlief die Demarkationslinie. Im See durfte man das Nordufer nicht ansteuern, es lag bereits in Russland.

Außer den 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, je zur Hälfte aus Deutschland und Polen, waren einige Camper in der Anlage und vermutlich einige Millionen Stechmücken. Aber davon ließ sich unser Wille, die Sprache des jeweils anderen Landes zu erlernen, nicht beeindrucken.

Eingeteilt in „Anfänger“, „fortgeschrittene Anfänger“ und „Fortgeschrittene“ versuchten wir, den Unterschieden von -ego, -emy, -eją oder von der, die, seine und eine, auf den Grund zu kommen. Bereits am Abend des ersten Tages war man sich absolut sicher, dass die jeweils andere Sprache die schwerste der Welt sei.

Doch die Lehrkräfte hatten sich Tricks ausgedacht. Um nicht mit 8 Stunden Frontalunterricht jede Lust an der Sprache zu töten, wurde eine abwechslungsreiche und teilweise spielerische Lernform gewählt. Traditioneller Unterricht löste sich mit Übungen ab, dann wurden deutsche und polnische Anfänger in Tandem-Gruppen mit gegenseitigen Lernaufgaben versehen. Quizzformen statt Extemporale, das Lernen von Liedern des anderen Landes als Weg zu neuem Wortschatz, und die beiden angebotenen Workshops (Theatergruppe und Zeitungsgruppe), all das vermochte den Spaß am Lernen genauso wach zu halten, wie die Tatsache, dass man in den Lernpausen einfach mal in den See springen konnte oder am Strand versuchte, das eben Gelernte in mühevoller und oftmals amüsanter Konversation anzuwenden.

Auch kleine Ausflüge in die Umgebung, eine Diskussion mit dem Bürgermeister der Gemeinde oder der Versuch, mit dem gelernten Wortschatz auf dem örtlichen Markt einzukaufen, ergänzte das Lern- und Übungsangebot auf angenehme Weise.

Ach ja, da muss ich noch den Sponsor erwähnen. Der Sprachkurs wurde vom Deutsch-Polnischen Jugendwerk gefördert. Bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern handelte es sich nämlich um Lehrer und Multiplikatoren der Jugendarbeit. Ihre Sprachkenntnisse sollen  helfen, noch mehr und bessere Jugendbegegnungen zwischen Deutschland und Polen zu organisieren. Dabei konnte das Jugendwerk bei einer Präsentation beeindruckende Ergebnisse seiner über 10jährigen Arbeit vorweisen. Über 1 Million Jugendliche waren bisher an derartigen Begegnungen beteiligt, ziemlich zu gleichen Teilen aus beiden Ländern. Und dennoch gibt es eine Warteliste von über 300 polnischen Schulen, die einen deutschen Partner suchen. Engagierte Lehrer, die nicht aus Angst vor der fremden Sprache auf derartige Kontakte verzichten, sind gefragt.

Jetzt werden Sie vermutlich wissen wollen, was denn der Autor von diesem Sprachkurs tatsächlich mit nach Hause gebracht hat. Nun außer zahlreicher Mückenstiche vor allem die Überzeugung, dass es nicht unmöglich ist, Grundkenntnisse zu erwerben, die Lust machen, intensiver in die Sprache einzusteigen. Und neue Freundschaften. Denn auch Multiplikatoren sind nicht nur dazu da, Begegnungen zu organisieren. Infos über www.polen-news.de Link „Germanitas“ oder über das Deutsch-polnische Jugendwerk unter www.dpjw.org.

 

 

 

Polnischlehrwerk

 

Auf Initiative des Deutschen Polen-Instituts Darmstadt und des Berliner Gabriele-von-Bülow-Gymnasiums in Berlin verständigten sich Bildungsexperten aus den Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin und Sachsen auf die baldige Publikation eines neuen Lehrwerks für Polnisch als dritte Fremdsprache an deutschen Schulen.

 

Wurde dieses Fach bisher überwiegend von Schülern mit Polnischvorkenntnissen gewählt, so soll der Polnischunterricht nunmehr auch für Sprachanfänger attraktiv gemacht und ihre Bereitschaft, Polnisch zu lernen, durch ein zeitgemäßes Lehrwerk unterstützt werden. Angesichts des sich in Wirtschaft und Verwaltung abzeichnenden steigenden Interesses an Fachkräften mit Polnischkenntnissen rückt die Förderung des Polnischunterrichts in den grenznahen Bundesländern auf die bildungspolitische Prioritätenliste.

Auf einer von der Robert Bosch Stiftung geförderten Tagung am 31. März in der  Humboldt-Bibliothek Berlin-Tegel konstituierte sich eine Expertengruppe, die sich die zügige Umsetzung des Lehrwerk-Vorhabens zum Ziel gesetzt hat.

 

 

 

Das Generalkonsulat der Republik Polen in Köln und das Polnische Wissenschaftsforum in Deutschland e.V.

 

vergeben im Dezember 2004 erstmals einen Preis für die beste Dissertation bzw. Magisterarbeit aus dem Bereich der polnischen Geschichte, Landes- und Volkskunde, Kultur, Literatur und Kunst sowie der deutsch-polnischen Beziehungen. Der Preis ist mit EUR 500 dotiert und wird zu Beginn des Jahres 2005 im Generalkonsulat der Republik Polen in Köln verliehen.

Preiswürdige Arbeiten können von Professoren und Hochschuldozenten aus dem Wirkungsbereich des Polnischen Generalkonsulates in Köln (Nordrhein-Westfalen, Hessen, Saarland, Rheinland-Pfalz) vorgeschlagen werden.

Eine Selbstbewerbung der Verfasser und Verfasserinnen von überdurchschnittlichen Arbeiten ist möglich, in diesem Fall ist ein Exemplar der Arbeit in gebundener Form gemeinsam mit den Gutachten einzureichen. Vorschlagende benennen den Namen des Verfassers/der Verfasserin, den Titel der Arbeit und die Hochschule, an der die Arbeit eingereicht wurde.

Über die Vergabe des Preises entscheiden das Generalkonsulat in Köln und der Vorstand des Polnischen Wissenschaftsforum. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Vorschläge und Bewerbungen bis zum 30.10.2004 an: Prof. Dr. Albert S. Kotowski, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Seminar für Osteuropäische Geschichte, Lennéstr. 1, 53113 Bonn