Im Januar 2005 führte die Gesellschaft für gute Nachbarschaft zu Polen,
Regionalgruppe der DPG-BRD, ihre reguläre Hauptversammlung durch, auf der ein
neuer Vorstand in folgender Zusammensetzung gewählt wurde: Prof. Dr. Renate
Weiß, Dr.
Erklärung der
Gesellschaft für gute Nachbarschaft zu Polen zum 60. Jahrestag der Befreiung
vom Faschismus
Am 8. Mai begehen die Völker
Europas den 60. Jahrestag der Befreiung von Faschismus und Krieg. Der II.
Weltkrieg, der mit dem verbrecherischen Überfall Hitlerdeutschlands auf Polen
begann, endete mit seiner bedingungslosen Kapitulation.
Von Anfang an widersetzten sich
das polnische Volk und die überfallenen Völker Europas der deutschen Okkupation
und Vernichtung. Heldenhaft kämpften Patrioten und Antifaschisten im Untergrund
um Freiheit und Unabhängigkeit. Mutig unterstützten sie den opferreichen
Siegeszug der Roten Armee und der anderen alliierten Streitkräfte. Der schwer
erkämpfte Sieg der Antihitlerkoalition über den
deutschen Aggressor veränderte das Antlitz der Welt. Das Leid und die Opfer
dieses Krieges lehrten die Völker, mit ganzer Kraft Kriege zu bekämpfen und
sich für ein friedliches Zusammenleben einzusetzen.
Wenn wir an diesen Tag erinnern,
denken wir besonders an den heldenmütigen Beitrag Polens im Befreiungskampf der
europäischen Völker. Es stellte nach den Streitkräften der Sowjetunion, der Vereinigten
Staaten von Amerika und Großbritanniens das viertgrößte militärische Kontingent
in der weltweiten Anthitkerkoalition. Polnische
Soldaten kämpften als treue Verbündete an allen Fronten. Die I. und II.
Polnische Armee gehörten zu den Befreiern von Berlin und Prag. Polen ist eine
der Siegermächte im II. Weltkrieg.
Eingedenk der Erfahrungen aus dem
gemeinsamen antifaschistischen Widerstandskampf in den Konzentrationslagern, in
der Illegalität, bei den Partisanen, den Bauernbatallionen
und in den alliierten Streitkräften setzten sich antifaschistische und
verantwortungsbewusste politische Kräfte in Deutschland bereits während und vor
allem nach dem Krieg für eine Neugestaltung des deutsch-polnischen
Verhältnisses ein. Dazu waren eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit
ausgeprägten Vorbehalten und Ressentiments über den Nachbarn erforderlich. Sie
haben so begonnen, Geschichte und Kultur als das Gedächtnis beider Völker
schrittweise von einer Munitionsfabrik zu einer Werkstatt für
gutnachbarschaftliches Zusammenwirken umzugestalten.
Grenzfragen haben schon oft über
das Schicksal der Völker entschieden. Daher war und ist die Anerkennung der im
Potsdamer Abkommen festgelegten Oder-Neiße-Grenze Grundlage für den
Aussöhnungsprozess zwischen beiden Völkern.
Meilensteine auf dem Weg der
Entstehung grundlegend neuer deutsch-polnischer Beziehungen waren [verschiedene
Verträge, die in der Resolution aufgelistet werden].
Mit großer Sorge verfolgen wir
das Treiben des Bundesverbandes der Vertriebenen und der "Preußischen
Treuhand", die mit ihren Forderungen und Ansprüchen alte Ängste im
Nachbarland schüren und so Errungenschaften jahrzehntelanger deutsch-polnischer
Zusammenarbeit ernsthaft in Frage stellen. Hier werden 60 Jahre nach Kriegsende
Ursachen und Folgen bewusst verdreht. Nur die historische Wahrheit kann
Grundlage für den europäischen Einigungsprozess sein. Einseitige Betrachtungen
führen unweigerlich zu Konflikten mit den Nachbarn und beleben dort längst
überwunden geglaubte Vorbehalte. Deshalb ist uns dieser Jahrestag besonderer
Anlass, die Forderung nach Schaffung eines Zentrums für Vertreibungen in Berlin
entschieden zurückzuweisen.
Für die Mitglieder unserer
Gesellschaft ist der Dialog von gesellschaftlichen Kräften beider Länder, die
Entwicklung und Stärkung von Kontakten ein Weg, um an der Gestaltung einer
engen Zusammenarbeit engagiert mitzuwirken. Die individuellen
Entschädigungsansprüche an Polen durch die "Preußische Treuhand"
schaffen jedoch Konflikte, die durch die Förderung alter Feindbilder zu einer
langfristigen Belastung nicht nur im bilateralen, sondern auch im europäischen
Zusammenleben werden, da sie neue Barrieren im europäischen Einigungsprozess
errichten.
Angesichts des 60. Jahrestages
der Befreiung und des Kriegsendes fordern wir die Bundesregierung auf, wirksame
Schritte zu unternehmen, um diese Störfaktoren im Aussöhnungsprozess endgültig
zu beseitigen und den deutsch-polnischen Beziehungen eine Perspektive zu geben.
Es ist an der Zeit, im sich neu formierenden Europa die Unterstützung
rückwärtsgewandten Brauchtums zu beenden und durch beispielhafte gemeinsame
Projekte dem gutnachbarschaftlichen Zusammenleben neue, belebende Impulse zu
verleihen.
Der Jugend gehört die Zukunft.
Deshalb sollte der deutsch-polnische Jugendaustausch aufgrund seiner Bedeutung
im Aussöhnungsprozess stärker finanziell gefördert und Projekte, die deutschen
und polnischen Jugendlichen helfen, sich mit antipolnischem und antideutschem,
mit neonazistischem und antisemitischem Gedankengut auseinanderzusetzen, besonders
entwickelt und unterstützt werden.
Mit dem Beitritt Polens zur
Europäischen Union ist ein neues grenzüberschreitendes Denken und Handeln auf
allen Ebenen gefordert, um Chancen der Erweiterung zum Tragen zu bringen und
die beiderseitigen Grenzregionen zu Nahtstellen eines lebendigen
Zusammenwirkens zu machen. Wichtige Voraussetzung dazu sind eine
"Grenzkompetenz" der Menschen in diesen Regionen, Sprach- und
landeskundliche Kenntnisse über den Nachbarn, insbesondere das Erlernen der
polnischen Sprache auf der deutschen Seite und die Entwicklung eines Netzwerkes
von partnerschaftlich zusammenarbeitenden Schulen dazu. Auf dem Gebiet der
grenzüberschreitenden kommunalen Politik sollte die deutsch-polnische
Interessengemeinschaft durch Neuland beschreitende bilaterale Projekte, unter
Nutzung der gemeinsamen EU-Mitgliedschaft, eine Perspektive erhalten, die die
Lage in den beiderseitigen strukturschwachen Grenzgebieten und die Situation
der dort lebenden Menschen grundlegend verändert.
Wir als Mitglieder der Gesellschaft für gute Nachbarschaft zu Polen
werden uns auch künftig dafür einsetzen, dass der Anteil Polens am Befreiungskampf
der Völker Europas gewürdigt und der europäische Einigungsprozess durch ein
enges gutnachbarschaftliches Zusammenwirken der Bundesrepublik Deutschland und
der Republik Polen vertieft wird.