Nach Jahrzehnten der Ausgrenzung Kombatantenvereinigungen in einem Verband

 

Von Karl Forster

Im "Verband der Kämpfer für Freiheit und Demokratie", ZBOWiD, waren seinerzeit ehemalige KZ-Häftlinge, politische Widerstandskämpfer gegen das Nazi-Regime und polnische Armeeangehörige zusammengeschlossen. Andere Kämpfer gegen die deutsche Besatzung waren teilweise ausgeschlossen. Nach 1990 traten viele aus ZBOWiD aus und es entstanden unterschiedliche Organisationen. Insbesondere um die Frage der Entschädigungszahlungen gab es angesichts der erwarteten geringen Finanzmittel Differenzen der Gruppen untereinander.

 

Gleichzeitig entstanden neue Vereinigungen, so der Verband der Geschädigten des III. Reiches, der aktiv für die Forderung nach Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiter eintrat, sowie die Stiftung Deutsch-Polnische Versöhnung als polnische Organisation zur Verwaltung und Auszahlung der Leistungen der Stiftung der deutschen Wirtschaft.

Ende 2004 wurde in Polen nun eine neue Dachorganisation der Naziverfolgten als Vereinigung verschiedener selbständiger Organisationen gegründet. Die Organisation trägt den Namen "Polska Unia Ofiar Nazizmu" (Polnische Union der NS-Opfer - PUON). Der Gründung waren intensive Verhandlungen seit 2003 vorausgegangen. Initiator war gleichzeitig der Autor des Projektes unter dem Motto "Sie bleiben nicht allein", der inzwischen verstorbene Ludwik Krasucki.

Nach Ansicht von PUON gibt es in der jetzigen Situation kaum eine Aussicht auf ausreichende Zuwendungen aus der Staatskasse für die Bedürfnisse der Nazi-Opfer in Polen, vor allem für die entsprechende Betreuung und allseitige Hilfeleistung an schwer betroffene Menschen, die alt, krank und oft auch arm, einsam und hilflos sind. Daher wird eine soziale und medizinische Hilfe zur notwendigen und dringenden Aufgabe.

Die Polnische Union der Naziopfer beabsichtigt, den Geschädigten humanitäre, soziale und medizinische Leistungen anzubieten, wie z.B.: medizinische Vorbeugung und Betreuung, Kuraufenthalte, finanzielle Unterstützung beim Einkauf von Medikamenten und Rehabilitationsgeräten, Betreuung der Bettlägerigen, Rechtsberatung, verschiedene Formen der Volontärdienste.

Die PUON bemüht sich auch um die "Bewahrung der historischen Wahrheit über den Zweiten Weltkrieg". Die Union will zur Gedenkstättenerhaltung und -pflege beitragen. Die durch das Dritte Reich Geschädigten - als noch lebende Zeitzeugen - wollen ihre Erfahrungen und Erinnerungen verbreiten, damit so eine Tragödie wie der Zweite Weltkrieg nie wieder stattfinden kann.

PUON wendet sich nach eigenen Aussagen an Spender in Polen, Deutschland und anderen Ländern mit Bitte um finanzielle Mittel, damit das Hilfsprogramm verwirklicht werden kann. Da die Union über keine Eigenmittel und keine staatlichen Zuschüsse verfügt, rechnet sie auf Unterstützung ihrer Tätigkeiten durch staatliche und private Firmen, Banken, Nicht-Regierungsorganisationen und durch alle, denen das Schicksal der von der tragischen Vergangenheit schwer betroffenen Menschen nicht gleichgültig ist.

Als Vorstandsgremien wurden von PUON ein Landesrat und ein Präsidium eingerichtet. Dem dreiköpfigen Landesrat steht als Vorsitzender der Schauspieler und ehemaliger Auschwitz-Häftling August  Kowalczyk vor. Vorsitzender des Präsidiums ist Marian Nawrocki, der auch Chef des mit über 300.000 Mitgliedern größten Mitgliedsverbandes "Gesellschaft der Geschädigten des III. Reiches" ist. Generalsekretär der neuen Unon ist Jerzy Su³ek  von der Stiftung Polnisch-Deutsche Versöhnung. Su³ek war in den 80er Jahren Presseattaché der polnischen Botschaft in Köln, später Leiter der Außenstelle der polnischen Botschaft in Berlin. Als ranghoher Mitarbeiter des Außenministeriums war er an der Abfassung des deutsch-polnischen Vertrages 1991 beteiligt.

Mitgliedsorganisationen

1. Gesellschaft der durch das Dritte Reich geschädigten Polen, 300.000 Mitglieder

2. Polnischer Verband der politischen Häftlinge der Hitler-Gefängnisse und Konzentrationslager, 15.000

3. Vereinigung der jüdischen Kombatanten und Geschädigten des 2. Weltkrieges, 1050

4. Verband der Kombatanten der Republik Polen und der ehemaligen politischen Häftlinge, 365.000

5. Stiftung Polnisch-Deutsche Versöhnung

6. Vereinigung "Kinder des Holocaust" in Polen

7. Vereinigung der Roma in Polen, 1200

8. Sozial-Kulturelle Vereinigung der Roma in der Republik Polen

9. Bund der polnischen Roma

10. Club der politischen Häftlinge des Konzentrationslager Mauthausen-Gusen, 185

11. Polnischer Bd. d. Dachau-Häftlinge, 295

12. Organisation d. durch das Hitler-Regime germanisierten polnischen Kinder, 62

13. Gesellschaft der Kinder-Häftlinge der Hitlerschen Konzentrationslager

14. Klub der Häftlinge des Konzentrationslagers Ravensbrück, 300

15. Gesellschaft der Fürsorge für Majdanek,  943

16. Gesellschaft der Kinder der "Zamojszyzyzny" (Aktion von ZamoϾ), 1629

17. Gesellschaft des Gedenkens an Auschwitz, 1280

18. Gesellschaft der inhaftierten Kinder des KZ Auschwitz-Birkenau, an denen pseudomedizinische Experimente vorgenommen wurden, 83

19. Landes-Bund der Kinder und Jugendlichen Häftlinge des Konzentrationslagers in £ódŸ, 300

20.  Verband der in deutscher Unfreiheit Geborenen, 3000

21. Gesellschaft der blinden zivilen Kriegsopfer

22. Gesellschaft “Beratungs- und Informationszentrum Roma” in Polen

23. Gesellschaft "Haus der jüdischen Weisen Amalie Wasserberg", 100

24. Vereinigung der Warschauer Aufständischen, 3200

Die Webseite ist www.puon.pl