Haren - Lwów
- Maczków - Haren
Eine polnische
Stadt in Deutschland
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Die polnische Stadt Maczków liegt nahe der
holländischen Grenze. Ja, Sie lesen richtig! Direkt im Emsland. Zumindest lag
sie dort. Drei Jahre lang. Von 1945 bis 1948 lebten dort 5.000 polnische
Bürger. "Displaced Persons"
(DPs), wie sie genannt wurden, befreite
Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene. Eine polnische Enklave. Die Geschichte der
Polen im Emsland hatte bereits im Oktober 1939 begonnen, als in den
Emslandlagern (bekannt geworden durch das Lied "Die Moorsoldaten")
rund 10.000 polnische Kriegsgefangene eingeliefert wurden. Nachdem viele zu
Arbeitseinsätzen in andere Teile des Reiches weiter transportiert worden waren,
kamen 1940 neue Transporte polnischer Kriegsgefangener. Gleichzeitig kamen polnische
zivile Häftlinge, ab 1942 auch aufgrund des neuen Sonderstrafrechtes für Polen.
Eine letzte Gruppe kam in den
letzten Kriegsmonaten, so im Dezember 1944 über 1700 Frauen, die am Warschauer
Aufstand als Soldatinnen für Kurier-, Funk- und Sanitätsdienst teilgenommen
hatten. Sie kamen vorwiegend ins Lager Oberlangen. Aus zahlreichen Berichten
aus dieser Zeit weiß man von den schwierigen Haftbedingungen, gleichzeitig aber
auch von einem großen Organisationsgrad der Frauen, die das alltägliche Leben
in Gefangenschaft weitgehend selbst gestalteten. So fanden für die überwiegend
jüngeren Frauen u.a. Ausbildungen in militärischen
und Dienstleistungsbereichen sowie im Bereich Kultur und Bildung statt.
Im April 1945 erreichten
polnische Truppen der Exilregierung gemeinsam mit kanadischen Einheiten unter
der Führung des britischen Generalfeldmarschalls Montgomery die Region. Am 12.
April wurde das Lager Oberlagen durch eine kleine Gruppe der 2. Abteilung der
1. polnischen Panzerdivision, die unter der Leitung des Generals Maczek
stand, befreit. Ein Bauer hatte die polnischen Soldaten auf das Lager mit den
polnischen Frauen hingewiesen.
Die erste Zeit blieben die Frauen
im Lager, nur Kranke wurden nach England ausgeflogen. Nach der Kapitulation
Deutschlands im Mai befanden sich zu diesem Zeitpunkt rund 250.000 Polen,
ehemalige Kriegsgefangene, Soldaten und Zwangsarbeiter, in der britischen
Besatzungszone. Viele suchten die Nähe der polnischen Division, von der sie
sich Schutz und Hilfe versprachen. So waren bald rund 30.000 polnische
Zivilisten und rund 18.000 polnische
Soldaten im Emsland und bildeten eine polnische Enklave.
Da insbesondere durch die
Veränderung der Grenzen Polens für viele die Situation im Heimatland noch zu
unübersichtlich war, blieben sie in der britischen Zone. So musste die
britische Militärregierung für Unterkünfte sorgen. In vielen Gemeinden der
Region wurde die Räumung von Wohnungen zur Unterbringung der DP´s angeordnet.
Am 20. Mai 1945 erhielt auch der
Bürgermeister der emsländischen Gemeinde Haren den Räumungsbefehl. Zwischen dem 21. und 28. Mai
mussten 514 Häuser geräumt werden. Nur der Bürgermeister mit seiner Familie,
der sich für die Aufrechterhaltung der deutschen Verwaltung und die in
umliegenden Dörfern untergebrachten Exil-Harener
kümmerte, und die Ordensschwestern im St. Franziskus-Krankenhaus durften in Haren bleiben. Die 1.000 Familien wurden den umliegenden
Bauernschaften zugewiesen.
In die Stadt Haren
aber zogen rund 4.000 polnische Bürger ein. Die Stadt bekam einen polnischen
Bürgermeister und Stadtrat, polnische Straßennamen, Schulen, ein Kino sowie
zwei Theater und wurde Sitz des polnischen Lehrerverbandes, der von hier aus
das Schulwesen in den westlichen Besatzungszonen organisierte. Einen neuen
Namen bekam die Stadt auch. Kurze Zeit lautete er Lwów.
Aber bei einem Truppenbesuch am 24. Juni 1945 gab der polnische
Oberbefehlshaber General Graf Tadeusz Bor-Komorowski
der Gemeinde in einer Feierstunde den Namen Maczków
zu Ehren des scheidenden Kommandeurs der 1. Panzerdivision Stanis³aw Maczek, der in Schottland den Befehl über das 1. Polnische
Korps übernahm.
Das Leben in Maczków
schien in gewisser Weise "normal" zu werden. So wurde bald
geheiratet. Allein am 12. Juni 1945 verzeichnen die Akten 82 Trauungen. Und in
der Zeit bis Sommer 1948 wurden 479 Kinder in Maczków
geboren.
Doch schon im Spätsommer 1945 hatte
die Flüchtlingshilfe der Vereinten Nationen, UNRRA, den Druck auf die Bewohner
verschärft, in ihre Heimat zurückzukehren. Doch viele wollten die Entwicklung
dort abwarten. Dann kam im September 1945 eine Reaktion aus Polen. Wer nicht
zurückgekehrt war, dem wurde die polnische Staatsbürgerschaft entzogen. Das
führte dazu, dass etliche Asyl in Großbritannien, den Niederlanden, Frankreich
und den USA suchten. Andere kehrten nach Polen zurück. Im September 1948
verließen die letzten Polen die Stadt, die deutschen Harener
feierten den 10. September mit einem Heimkehrerfest.
Lange hatte die Stadt
Schwierigkeiten mit dieser Vergangenheit. Doch inzwischen gibt es Kontakte.
Seit 1989 nehmen polnische ehemalige Kriegsgefangene, die im Lager Oberlangen
inhaftiert waren und später in Maczków lebten, an den
Treffen ehemaliger Häftlinge der Emslandlager teil. 1995 gelang es dem DIZ
(Dokumentations- und Informationszentrum) Emslandlager ehemalige Maczkówianer aus Warschau, Amsterdam, Wien und anderen
Städten nach Haren-Maczków, der Stadt in der sie nach
dem Krieg ihr Abitur gemacht oder geheiratet hatten, einzuladen. Der Besuch in
der Vergangenheit und die Begegnung mit den heutigen Harenern
wurde filmisch dokumentiert (Der Film ist leider nicht
mehr zu erwerben). Das DIZ Emslandlager hat sich um die Aufarbeitung auch
dieses Teils der Geschichte verdient gemacht.
(Unter
Verwendung von Material des DIZ Emslandlager)