Karl von Holtei
Zu seinem 125. Todestag
Von Otmar Eitner
Im Historischen Museum von Wroc³aw, im alten Breslauer Rathaus,
steht seine Büste; eine von fünfundzwanzig, mit denen an verdienstvolle und
berühmte Breslauer Bürgerinnen und Bürger erinnert wird. Und in Oberniki/Obernigk trägt ein allgemeinbildendes Gymnasium seinen Namen: Karl von Holtei.
Hier in Oberniki hat er im Sommer seine Kindheit
verlebt. Er starb mit 82 Jahren in Breslau, am 12. Februar 1880. 125 Jahre ist
das nun her. Gerhart Hauptmann wohnte dem eindrucksvollen Begräbnis von Holtei
als 18-jähriger bei und schrieb in seinen Lebenserinnerungen: "Ich hatte
die schöne, auffällige Greisenerscheinung mit dem
weißen, bis auf die Schultern hängenden, wohlgepflegten
Haar einmal auf der Straße gesehen. Ein unauslöschlicher Eindruck ist mir davon
zurück geblieben. Nun lag er im Grab und wurde zur letzten Ruhe getragen."
Wer war Karl von Holtei? Der
Germanist Professor Karl Weinhold
beschrieb das Wesen Holteis anlässlich dessen 81.Geburtstages so:
"Holtei ist ein vielseitig
entwickeltes Wesen, er ist Dichter, Redakteur, Schauspieler, Liedersänger,
künstlerischer Vorleser, Meister im plaudernden Gespräch und im Briefwechsel
gewesen. Er war ein wilder fahrender Geselle und ein fleißiger Bücherschreiber,
er verlor sich in leichtsinniges, törichtes Treiben und gab sich kindlich weich
dem stillen Leben der Natur hin und lauschte den ernsthaften Geheimnissen der
menschlichen Seele. Eine dunkle Macht jagte ihn in früher Jugend auf die wirren
Pfade seines Lebens. Und dieser Macht ist er gefolgt, wohin sie ihn führen
wollte, ohne ihr ein bewusstes Wollen entgegen zu stellen."
Berlin, Riga und Graz sind
Städte, in denen sich Holtei jeweils einige Jahre aufgehalten hat. Längere
Gastspiele und Reisen führten ihn aber auch nach Dresden, Prag Wien, Paris,
Hamburg, Düsseldorf, Weimar und zu weiteren Orten. Und dann natürlich Breslau,
wohin er immer wieder zurückkehrte, getreu seinem eigenen Motto: Suste nischt ack
heem.
Josef von Eichendorff lernte er
schon 1822 in Breslau kennen. Es entwickelte sich eine langjährige
Freundschaft. Gustav Freytag schreibt in seinen "Erinnerungen aus meinem Leben": "Karl von Holtei war 1842 wieder nach
Breslau gekommen und hatte die künstlerische Leitung des Stadttheaters
übernommen. Wir wurden bald gute Bekannte, saßen neben einander am Mittagstisch
und spielten Domino um den Kaffee. Mir wurde er lieb und wertvoll, weil es kaum
einen Zweiten gab, der mit Personen und Verhältnissen der deutschen Bühnen so
bekannt war wie er."
In den Jahren 1837-1841, als
Holtei Theaterdirektor in Riga war, wurde Richard Wagner - erst 24 Jahre alt -
dort für zwei Jahre sein Theaterkapellmeister, aber die beiden verstanden sich
nicht besonders gut.
Und nicht zu vergessen: Weimar.
Holtei, der inzwischen als Schriftsteller Erfolg hatte, vor allem mit
Theaterstücken, wurde im Frühjahr 1827 von Goethe mit den Worten empfangen:
"Es ist mir lieb, daß ich Sie auch einmal zu
sehen bekomme."
Zum Zeitpunkt dieser ersten
Begegnung war Holtei 29 Jahre alt, Goethe bereits 77. Holtei blieb länger als
vorgesehen in der kleinen Residenzstadt, wurde von Goethe häufiger zum Essen
geladen, freundete sich mit Goethes Sohn August an und lernte Johanna
Schopenhauer kennen, die in Weimar einen literarischen Salon unterhielt. Sie
war die Mutter des Philosophen Arthur Schopenhauer. Holteis Rezitationsabende
wurden auch hier gut besucht. 1829, 1830 und 1831 sind ebenfalls Besuche von
Holtei bei Goethe dokumentiert. Und die tiefe Freundschaft zu Johanna
Schopenhauer dauerte fort.
1830 waren seine
"Schlesischen Gedichte" erschienen.
Negative Kritik erntete er dafür ausgerechnet von seiner Vaterstadt.
Goethe jedoch, der Nichtschlesier, hatte die Mundart-Gedichte sogar in einem
eigenen Aufsatz begrüßt. Anerkennung bekam er auch von Jakob Grimm.
Als der deutsche Dichterfürst
gestorben war, war Holtei im preußischen Berlin der Initiator und Veranstalter
einer am 10.April 1832 gehaltenen würdigen Totenfeier für Goethe. Seine zweite
Frau, die Schauspielerin und Sängerin Julie Holzbecher, feierte hier zu dieser
Zeit große Bühnenerfolge, darunter auch in Stücken ihres Mannes. Sie verstarb
1839 in Riga.
Die erste Frau Holteis, Luise Rogee, war eine beliebte Schauspielerin am Breslauer
Theater gewesen. Sie war mit 25 Jahren nach nur
4-jähriger Ehe gestorben.
August Kopisch,
mit dem Holtei zusammen in einer Klasse das Maria-Magdalenen-Gymnasium
zu Breslau besucht hatte, war ebenso Mitglied des "Breslauer
Künstlerverein" wie Holtei, Eichendorff, Gustav Freytag und Hoffman von
Fallersleben. Und als Ferdinand Lassalle, Gründer der sozialdemokratischen
Partei Deutschlands und auch ehemaliger Schüler des Magdalenengymnasiums,
in Breslau zu Grabe getragen wurde, begleitete ihn Karl von Holtei zur letzten
Ruhe auf dem Jüdischen Friedhof.
Eine ganz besondere Beziehung
begann 1844: Holtei lernte den Breslauer Domprediger kennen, einen der damals
bedeutendsten Kanzelredner im katholischen Deutschland: Heinrich Förster. Der
protestantisch erzogene Holtei und der katholische Kirchenmann verstanden sich
sofort. Aber es gab auch Meinungsverschiedenheiten wegen der unterschiedlichen
Religionen. Eines Tages kam es zum Zerwürfnis. Holtei zog 1849 nach Graz zu
seiner Tochter. Förster wurde 1853 Fürstbischof von
Breslau. Es kam dann aber wieder zur Annäherung zwischen den beiden. Und als
Holtei 1863 wieder nach Breslau zurückkam, besuchte er den Fürstbischof.
Vom Frühjahr 1863 bis 1872 weilte Holtei oft mehrmals in der Woche zum
Mittagsmahl bei seinem Freund, dem Fürstbischof. Doch
es kam noch einmal zu einem Zerwürfnis, das zum Ende dieser Beziehung führte.
Holtei starb am 12. Februar 1880. Einen großen Teil seines Lebens hat er in dem umfangreichen Werk "Vierzig Jahre" niedergeschrieben. Es erschien 1862 in erster Auflage bei Holteis Breslauer Verleger Eduard Trewendt.