Polnischer Soldatenfriedhof in Siekierki

Gedenken an die Opfer der Berlinoffensive

Von Renate Weiß

 

Am 16. April 2005 begingen viele Menschen aus Polen sowie deren Vereine und Verbände in Gozdowice und Siekierki den Jahrestag des Beginns der Berlinoffensive. Dort, wo sich der Generalstab der Polnischen Armee im April 1945 befand, stehen heute ein Museum und ein Denkmal und in Siekierki, unweit von Gozdowice, befindet sich einer der größten Soldatenfriedhöfe Polens. Hier ruhen Opfer der Berlinoffensive. Auch wenn in den darauf folgenden Tagen die Presse weder in Polen noch in Deutschland  darüber berichtete, so sind in großen Teilen der polnischen Bevölkerung die Ereignisse und die Opfer nicht vergessen.

 

Vor dem Friedhof in Siekierki fand von 12 bis 13 Uhr eine Messe statt. Danach legten Vertreter der ehemaligen polnischen und sowjetischen Kämpfer ihre Blumengebinde nieder, u. a. war auch General Jaruzelski dabei, der als junger Leutnant an der Berlinoffensive teilnahm und in Oranienburg bei Berlin stationiert war. Vom Verteidigungsministerium Polens wurden Auszeichnungen vorgenommen. Ehemalige Kämpfer an der Front, u.a. auch Wojciech Jaruzelski, erhielten Auszeichnungen. Die Kranzniederlegung und Auszeichnung fanden unmittelbar auf dem Friedhof vor dem Denkmal der Polka Matka statt - einem Denkmal, das symbolisch für die polnische Mutter steht, die schützend ein Kind im Arm hält. Dieses Zeremoniell ging über mehr als zwei Stunden.

Vertreter unserer Gesellschaft für gute Nachbarschaft zu Polen und  der Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg machten gemeinsam eine Bustour zu den  genannten Orten und nahmen an den Feierlichkeiten auf dem Friedhof in Siekierki teil. An der Exkursion beteiligten sich auch ca. 20 Radsportler aus Berlin und Umgebung.

Unmittelbar am Generalsunterstand an der Oder erläuterte uns bei herrlichem Sonnenschein und einer beeindruckenden Landschaft Andreas Schuckert den Weg der Polnischen I. Armee. Für viele war vollkommen neu, in welch hohem Maße die polnische Armee an der Befreiung Berlins beteiligt war.

Harri Czepuk, einer der Teilnehmer, erinnerte sich an diesen 16. April 1945, wie er und andere junge deutsche Soldaten in den Kessel von Halbe gelangten und nur den einen Wunsch hatten, lebend zu entkommen. Er erinnerte daran, dass die meisten Menschen - gleich welcher Nation - nur Frieden wollten. In der polnischen Kriegsgefangenschaft in Warschau wurden ihm die politischen Zusammenhänge, die Ursachen für Krieg und Gewalt, die er am eigenen Leibe erfahren hatte, klar. Dafür dankte er den polnischen Freunden. 

Bereits am Grenzübergang trafen wir vormittags auf junge Menschen, die an einem Denkmal, das neu eingeweiht wurde, diesen Tag vor 60 Jahren feierlich begingen. Als wir am Abend zurückfuhren, sahen wir immer wieder Menschen, die an Orten entlang der Oder diesen ereignisreichen Tages des April 1945 gedachten.

Am 19. April stand ein Beitrag im Neuen Deutschland über die Berichterstattung dieses Tages in der polnischen Presse. Dort fand er praktisch nicht statt. Stattdessen wurde in den Wochen vorher und nachher darüber diskutiert, ob Polen im Mai 1945 befreit wurde oder nicht. Vielleicht sollten die Menschen befragt werden, die in den Gefängnissen, KZs, im Untergrund und als Zwangsarbeiter verschleppt waren, wie sie diese Tage empfunden haben.