Projekt
"Nationalsozialismus und Widerstand in Breslau"
Seit Oktober des letzten Jahres arbeitet eine internationale
Studentengruppe unter der Schirmherrschaft des Willy-Brandt-Zentrums und des
Edith-Stein-Hauses in Breslau/Wroc³aw (Polen) an einem lokalhistorischen
Projekt unter dem Titel "Nationalsozialismus und Widerstand in Breslau
1933-1945". Die Hintergründe zur Realisierung und die damit eng
verflochtenen Zielsetzungen des Projektes sind verschiedene: Ganz allgemein
gesprochen, ist dieser Zeitabschnitt Breslaus ein Stück unaufgearbeiteter
Geschichte - es herrscht ein Mangel an sich mit dem Nationalsozialismus in
Breslau befassenden, wissenschaftlichen Literatur.
Damit eng im Zusammenhang
stehend, ist die Geschichte der Stadt selbst. Für Breslau bedeutete
Nationalsozialismus und Krieg einen noch stärkeren Bruch als für die meisten
anderen Städte in Mittelosteuropa: Die Stadt erlebte nicht nur Diktatur und
Zerstörung, sondern änderte ihre Staatszugehörigkeit und durchlief einen
kompletten Bevölkerungsaustausch. Mit der Flucht und Vertreibung der deutschen
Bevölkerung verschwanden aber auch die Erinnerungen an die Vorkriegsgeschichte
der Stadt und somit das Wissen von den Geschehnissen im Nationalsozialismus.
Die neue polnische Bevölkerung kam 1945 in eine zunächst "fremde
Stadt". Sie wusste nichts vom Verlauf der Diktatur in Breslau, von den
Orten der Machtausübung, den Verfolgungen, dem Ablauf der Deportationen oder
auch von dem oppositionellen Verhalten bestimmter Bevölkerungsgruppen. Ebenso
gingen die Erinnerungen an die "Normalität" und den Alltag der
Diktatur verloren.
Das Ziel ist nun diese Zeit
wissenschaftlich aufzuarbeiten, die wissenschaftliche Lücke, wenn auch nicht zu
schließen, dann dennoch der Versuch sie zu verkleinern. Somit soll dann dieser
Abschnitt der Geschichte in das Bewusstsein der Bevölkerung getragen und sie
auch mit den Jahren vor 1945 vertraut gemacht werden
Das Edith-Stein-Haus führt v.a. Veranstaltungen mit und für Jugendliche mit dem Ziel
durch, diese jugendlichen Besuchergruppen mit der Etablierung, dem Funktionieren
und Bestehen von totalitären Systemen und aber auch mit den Möglichkeiten des
Widerstandes in Berührung zu bringen: Anhand des Beispiels Breslau im
Nationalsozialismus sollen die Schüler zum Nachdenken über Diktatur,
Zivilcourage und die Bedeutung persönlicher sowie politischer Freiheit angeregt
werden.
Die Realisierung der gesetzten
Ziele erfolgte und erfolgt noch immer anhand verschiedener Vorgehensweisen. So
werden zum einen unterschiedlichste Archivmaterialien, wie Protokolle der
Leitungsgremien, offizielle und inoffizielle Briefe, Zeitungsartikel und dgl.
aufgearbeitet. Weiter werden bereits veröffentlichte Bücher und hier vor allem
Tagebuchaufzeichnungen und Erlebnisberichte gesichtet.
Ein weiterer Baustein zur
Erarbeitung dieser Thematik ist die Durchführung von Zeitzeugeninterviews.
Dieser Erarbeitungsarbeitsabschnitt ist bereits vollendet. So waren die
Projektteilnehmer in ganz Deutschland unterwegs, um die über das gesamte
Bundesgebiet verstreuten ehemaligen Breslauer persönlich zu besuchen und zu
interviewen. Aus den geführten Gesprächen wurden zum einen Portraits der
interviewten Personen, ihrer Erlebnisse und Geschichten zur Zeit des
Nationalsozialismus in Breslau verfasst. Zum anderen dienen die aufgezeichneten
Originaltöne dann bei der Konzeption der CD-ROM als Authentizitätsstiftendes
Element.
Am Ende werden aus den gesammelten Materialien eine zweisprachige, interaktive CD-ROM und Internetseite sowie eine Ausstellung und ein Workshop entstehen. Diese sollen dann, nach Abschluss des Projektes Ende September 2005, Besuchergruppen und insbesondere der lokalen Bevölkerung Breslaus zur Verfügung gestellt werden.