Bewahren wir
unsere katholische und nationale Identität
Mit dem Vorsitzenden der Konferenz des Polnischen Episkopats, Seine
Exzellenz Erzbischof Józef Michalik, Metropolit von
Przemyœl, spricht Mariusz Kamieniecki.
Das vergangene Jahr war reich an vielen bedeutenden Ereignissen in
Polen aber auch im Ausland. Auf welches würde Exzellenz eine bedeutende Aufmerksam
lenken und warum?
(.....) Ein wichtiges und
gleichzeitig sehr schmerzhaftes Ereignis für uns Polen wie für die ganze Welt
war der Tod des Papstes.
(...) (In) Polen kann man bereits
diesen guten und Hoffnung erzeugenden Prozess der Reinigung erkennen, der in
den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen seinen Ausdruck fand. Es ist ein Prozess der Reinigung durch die
Demaskierung einer falschen Politik, von Strukturen und Ereignissen, die sich
ständig verschlimmerten und skandalträchtiger wurden, ein Prozess, der
sichtbare Früchte in der Belebung und der Übernahme von Verantwortung durch die
Gesellschaft trug. Ich denke, dass durch das Wahlergebnis einerseits der Teil
der politischen Szene sichtbar wurde, der den Polen näher steht, andererseits
machte er die Unreife einiger politischer Eliten deutlich, die nicht durch das
aufgrund der Wahl erstandene Prisma "Was ist gut für Polen? Für das
Vaterland? Was für den einfachen Menschen?" schauen können. Die
Schlussfolgerung daraus ist für mich sehr einfach. Die Demut und die täglich
Tugend sind eng miteinander verbunden. Das ist ein Wert, den es ständig zu
fördern gilt und den man täglich von neuem lernen muss, ohne den von Kultur im
täglichen Leben, sowohl im gesellschaftlichen wie im politischen, keine Rede
sein kann. (.....)
[Das Ende des Jahres 2005 war mit einem Besuch der polnischen Bischöfe
"ad limina Apostulorum"
im Vatikan verbunden.] Einen großen Raum widmete der Heilige Vater (Benedikt XVI.-d. Übers.) in seiner Botschaft den Laien im Leben der
Kirche. Er sagte u.a., dass "eine der
bedeutenden Aufgaben, die sich aus dem europäischen Integrationsprozess ergibt,
darin besteht, sich mutig um die Bewahrung der katholischen und nationalen
Identität der Polen zu sorgen". Bedeutet das, dass die durch die
Jahrhunderte tief im Glauben verwurzelten und aufs Engste mit der Tradition und
der Kirche verbundenen Polen eine besondere Rolle bei der Evangelisation des
verweltlichten Europa spielen?
Ich bin immer bemüht, nüchterner
Beobachter des Lebens zu sein und ich fürchte mich vor einem Messianismus - auch in polnischer Ausgabe, der sich darin
ausdrückt, dass gerade wir ein besonderes Volk sind, das eine bedeutende
Mission zu erfüllen hat. Wir haben aber als Polen dieselbe Mission zu erfüllen
wie alle Mensche auf der Erde, denn wir alle sind von Gott geschaffen. Diese
Aufgabe besteht in der Realisierung
eines Ideals, das uns der Schöpfer ins Herz pflanzte. Man muss sich dieser
Aufgabe mehr aus dem Gefühl der Verantwortung stellen und nicht aus einer
höheren Warte gegenüber anderen. Dagegen verlangt, bittet und fleht das kranke
Europa geradezu nach Bestätigung fester Werte und Grundsätze. Wenn man heute
feststellt, dass in 17 europäischen Ländern ein demografisches Tief und ein
Mangel an natürlichem Zuwachs besteht, dem eine
Generation entspricht, heißt das praktisch, dass Europa ausstirbt. Und wenn man
weiter feststellt, dass das Land auf dem Kontinent, das die höchste
Geburtenrate besitzt, das islamische Albanien ist, so muss man ernsthaft
darüber nachdenken, wohin das alles führt ....
Schauen wir diesbezüglich auf
Polen. Man muss nämlich ohne wenn und aber offen sagen: Polen stirbt aus!
Weshalb erstarb die Liebe zum Kind? Wohin verflüchtete sich die Liebe zu
Aufopferung und Mühe...? Das ist besorgniserregend, denn es erstarb nicht nur
die Liebe zum empfangenen oder noch nicht empfangenen Kind, sondern sie erstarb
ebenso gegenüber jedem Kind und jedem Menschen. In Europa starb die Liebe zu
den Kindern, die in Afrika und anderen Kontinenten Hungers sterben. Hier gibt
es Aufgaben, die es zu verwirklichen gilt. Auf dieses große menschliche Leid,
das vor unseren Augen geschieht, kann man nicht gleichgültig schauen oder als
Problem ignorieren, denn es existiert wirklich und berührt uns immer mehr. Der
Heilige Vater, der ein Evangelium der Liebe verkündet, dient dieser Sache mit
Liebe und lenkt die Aufmerksamkeit darauf, dass man über alle diese Probleme
offen sprechen muss. Ich bin davon überzeugt, dass er darüber nicht nur mit
uns, sondern auch mit allen Bischöfen der verschiedenen Länder spricht.
Wie soll die Kirche in Polen diese Aufgabe in Angriff nehmen?
Vor allem mit Verständnis und
Vertrauen den Menschen gegenüber, durch Entwicklung ihres Verantwortungsgefühls
in ihren Herzen, von Vertrauen in Gott, durch das Gebet, aber auch durch die
Mühe der Verkündigung der Wahrheit darüber, was gut und was schlecht ist. Ich
denke, dass die in der obigen Frage zitierten Äußerungen des Papstes, meiner
Meinung nach, die interessantesten unter denen waren, die Benedikt XVI.
gegenüber den polnischen Bischöfen bei ihrem Besuche "ad limina Apostolorum" sprach. Es ist von großer
Bedeutung, dass der Papst mit Nachdruck auf die Sorge um die Bewahrung der
katholischen und nationalen Identität der Pole hinwies. Heute herrscht ein
ideologischer Krieg um die Gestalt Europas, wie wir es bauen wollen. Scheinbar
gibt es bereits eine Europäische Union, das heißt eine Annäherung der Länder
unseres Kontinents, und das ist sehr gut, aber es dauert eine Diskussion an, ob
sie ein durch eine Superregierung unifiziertes Europa
sein soll, oder ein Europa, das aus der Identität der einzelnen Völker besteht.
Und hier freue ich mich sehr, dass der Heilige Vater den Mut hat zu sagen:
Schämt euch nicht Katholiken, Polen zu sein und bewahrt eure Identität im
Glauben, weil der Katholik gegenüber jedem Menschen offen ist. Und als
Katholiken müssen wir Menschen mit einem weiten Blick und großer Achtung
gegenüber Gläubigen anderer Religionen und gegenüber Nichtgläubigen sein. Der
Papst will uns sagen, dass wir uns als gläubige Menschen und ebenso als Polen
nicht schämen müssen, dass wir dieses Volk sind. Mehr noch sind wir verpflichtet,
diese Bürde auf uns zu laden, so wie Jesus sich nicht schämte, dass er Jude war
und er die Bürde der Sünden dieses Volkes und unser aller auf sich lud. Auf
diese Weise gab er ein Beispiel, dem wir zu folgen haben. Ja, wir haben viele
Schwächen und verneinen das nicht, aber wir halten Verbindung mit unserer Erde,
unserer Tradition, denn dorther stammt das Lebenselixier unserer Identität.
Wenn wir das selbst zurückweisen und uns dem Willen anderer unterordnen, indem
wir die "Früchte" der französischen Revolution oder anderer
Ideologien nutzen, die uns die verweltlichten Milieus des Westens oder Ostens
anbieten, dann können wir unsere eigene Identität verlieren, die wir über
Generationen entwickelt haben. Wir, die Polen, besitzen als Volk seit über
Tausend Jahren bewährte Traditionen. Warum dann suchen, herumirren, wenn man in
diesen schwierigen Zeiten einen festen Weg gehen kann, einen Weg, der uns
fehlerfrei zum Ziel führt. Wenn man nun zu den Worten des Papstes, von Haus aus
ein Deutscher, zurückkehrt, kann man sie als ein Ehre
für die gesamte Geschichte des polnischen Volkes und Polens verstehen.
(...) (Der heilige Vater) sprach auch über die Verteidigung des
menschlichen Lebens. Er dankte allen, die sich auf dem Gebiet der Erziehung und
der Vorbereitung auf das Ehe- und Familienleben engagieren sowie sich für die
Verteidigung des Lebens eines jeden menschlichen Wesens von Beginn der
Empfängnis bis zum natürlichen Tod hin einsetzen. Gleichzeitig gewinnt die
"Zivilisation des Todes", auch in Polen immer mehr an Boden. Es
reicht, nur an den Versuch zu erinnern, die Homosexualität zu fördern,
beispielsweise durch die Organisierung so genannter Gleichheitsmärsche. Wie
dringlich ist es, das menschliche Gewissen zu entwickeln - nicht nur in Polen,
damit die Notwendigkeit zur ernsthaften, verantwortungsvollen und
kompromisslosen Bewahrung einer Zivilisation des Lebens erkannt wird?
In den letzten Monaten griff die
italienische Presse, aber nicht nur sie, den Papst dafür scharf an, dass er zu
Beginn der Bischofssynode ausdrücklich über grundsätzliche Rechte sprach, die
in der Natur des Menschen liegen, auf die man sich berufen muss und die über
dem von der weltlichen Gewalt festgelegte positiven Recht stehen. Der Papst
sagte u.a., dass auf dieses Recht niemand Einfluss
nehmen kann, denn es ist das Recht Gottes, eingeschrieben in die Natur des
Menschen. Der Standpunkt des Papstes hat einigen Kreisen nicht sehr gefallen.
Und hier besteht das Problem, ob der Staat oder irgendeine
"fortschrittliche Gruppe", die auf die Massenmedien Einfluss haben,
eine Ideologie lancieren dürfen, die danach strebt, das Naturrecht zu ändern.
Kann man alle gleich stellen, kann man z.B. ein Kind einem Erwachsenen
gleichstellen? ... Wenn man übe die gleiche Würde eines Kindes und eines Erwachsenen
spricht, darf man nicht vergessen, dass ein Kind Schutz und Hilfe benötigt, um
ein erwachsener, reifer Mensch zu werden. Heute, wo eine "kranke"
Moralität auf dem Gebiet der sexuellen Ethik Mode ist, wo Europa stirbt,
einzelne Länder aussterben, stellt sich die Frage der Zukunft der Zivilisation.
Hervorragend beschreibt dieses Problem Patrick J. Buchanan in seinem Buch
"Der Tod des Westens", in dem er darlegt, wie die westliche Kultur
erstirbt und mit ihr bestimmte Werte. Die Welt wurde auf den Kopf gestellt, das
Falsche ersetzt das Richtige und das, was noch vor Kurzem als richtig und
wahrhaftig anerkannt wurde, wird heute als erlogen bezeichnet und einige tun
so, als ob sie das nicht sähen. Gleichzeitig wird die Propaganda gegen die
grundlegenden Werte wie Familie, Heirat von Mann und Frau immer stärker
angekurbelt. Diesem dem Menschsein und der Natur feindlichen Verständnis muss
man sich mit großer Standhaftigkeit entgegenstellen. Hören wir auf uns bei den
"Gleichheitsmärschen" aufzuhalten, denn dieses Spiel hat uns schon zu
viel gekostet. (......)
(Zachowajmy to¿samoœæ
katolick¹ i narodow¹. Z przewodnicz¹cym Konferencji Episkopatu Poslki JE ks.
abp. Józefem Michalikiem, metropolit¹ przemyskim, rozmawia Mariusz Kamieniecki,
Nasz Dziennik, 7./8. Januar 2006, Nr. 6 (2416); Übersetzung: