Ein
sehenswertes Museum in Krakau
Das
Galizienmuseum in Kazimierz
Von
Etwas ungewöhnlich erscheint es auf den ersten Blick schon, dass
ausgerechnet ein britischer Fotograf im ehemals jüdischen Stadtteil von Krakau,
Kazimierz, ein Museum des jüdischen Galizien eröffnet. Chris Schwarz war nach
Polen gereist, um bauliche Überreste jüdischer Kultur und Zivilisation im
polnischen Galizien zu dokumentieren. Dabei entstand der Wunsch, das Ergebnis
in einer Ausstellung in Krakau zu präsentieren. Im Herzen von Kazimierz, gleich
neben der berühmten Szeroka
Strasse, auf der die beeindruckendsten und
wichtigsten jüdischen Bauten Krakaus wie die Alte Synagoge, die Remuh Synagoge und die alte "Poper"
Synagoge zu finden sind, entstand im Jahre 2004 in der 920 Quadratmeter großen
Fabrikhalle einer ehemaligen Möbelfabrik das Museum.
Die Konzeption und
Zusammenstellung der Ausstellung bedurfte einer zwölf Jahre andauernden
kreativen Zusammenarbeit zwischen dem britischen Fotografen Chris Schwarz und
seinem Landsmann Professor Jonathan Webber. Das ausgestellte Bildmaterial ist
während jahrelanger Reisen durch galizische Dörfer und Städte gesammelt worden
und soll eine völlig neue Perspektive auf die jüdische Vergangenheit Polens,
die fast nur noch in Form von Ruinen weiter existiert, eröffnen. Aus den
diversen Relikten jüdischen Lebens und jüdischer Kultur, die heute noch zu
sehen sind, soll ein Bild entstehen und Hilfestellung geleistet werden, die
Spuren zu interpretieren, begreifbar zu machen.
Die Ausstellung versteht sich
dabei nicht als historisch im konventionellen Sinne, es werden keine Bilder aus
der Zeit vor dem zweiten Weltkrieg gezeigt. Vielmehr sollen Aufnahmen von
Ruinen wie von restaurierten Orten, von kleinen versteckten Hinweisen auf die jüdsch-galizische Geschichte den Blick schärfen für das,
was heute noch sichtbar ist, und erahnen lassen, was einmal war.
Die Ausstellung "Spuren der Erinnerung - Eine
Fotoausstellung in Gedenken der Juden Galiziens" besteht aus 150
großformatigen Farbfotografien, präsentiert in fünf Teilen, entsprechend
verschiedener möglicher Herangehensweisen an die Thematik: Traurigkeit in der
Konfrontation mit den Ruinen; Interesse an der ursprünglichen Kultur; Entsetzen
über die Vernichtungsmaschinerie und schließlich Anerkennung für das Bemühen,
die Spuren der Erinnerung zu erhalten. So sind am Schluss der Ausstellung
einige Menschen zu sehen, die am Gedenken und der Wiederbelebung der jüdischen
Vergangenheit Polens beteiligt sind. Dass dabei neben ehemaligen
Auschwitz-Häftlingen, deutschen, polnischen und israelischen Jugendlichen,
plötzlich auch Helmut Kohl bei seinem Auschwitz-Besuch gezeigt wird, ist wohl
weniger ein ironischer Hinweis auf dessen problematische Visite der
Gedenkstätte - er absolvierte den Pflichtbesuch in solcher Eile, dass selbst
Fotografen Mühe hatten, mitzukommen - als die in Polen häufig anzutreffende
Naivität im Bezug auf seine Politik gegenüber Polen.
Interessant wie die anderen Fotos
ist dann auch das Begleitprogramm. Das reicht von Vorträgen über "Hitlers
List" (die unerwünschte jüdische Intelligenz) über Hebräisch- und Jiddisch-Kurse
bis zu kostenlosem Englisch-Unterreich für die Kinder des Stadtteils Kazimierz.
Nun ist auch ein Katalog zu der Ausstellung "Spuren der Erinnerung" erschienen unter dem Titel "Photographing Traces of Memory: A Contemporary View of the Jewish Past in Polish Galicia". Er umfasst 190 Seiten mit über 70 Farbfotos der Ausstellung "Traces of Memory" und ist für 29 Euro auch über die Internetseite des Museums zu beziehen. Wer die Ausstellung selbst besuchen will, kann dies täglich (ohne Ruhetag) in der Zeit zwischen 9 und 20 Uhr tun.