70 Jahre Radio
Polonia
Informationen
in deutscher Sprache
Von Karl Forster
Ich kann mich noch gut erinnern, als ich Anfang der 70er Jahre vor dem
alten Radioempfänger saß und die manchmal schwierig empfangbaren deutschsprachigen
Auslandssender über Kurzwelle hörte. Ständiges Nachregeln des schwankenden
Empfangs, Neuausrichten der selbst gebauten Antenne gehörten
zum Alltag. Der Lohn war eine authentische Information aus dem Ausland - auch
ohne große Sprachkenntnisse. Die Palette reichte dabei von Radio Vatikan bis zu
Radio Moskau, von der Stimme Amerikas und BBC bis zu Südamerikanischen Sendern.
Je ferner und exotischer, desto interessanter. Eine besondere Rolle spielten
aber auch mittel-osteuropäische Sender. Gut zu empfangen, waren sie doch ein
Tor in den Osten.
Nachrichten aus den
sozialistischen Staaten in deutscher Sprache waren auch eine Gegeninformation
zum Weltbild aus Welt und Bild. Radio Budapest, Radio Prag und vor allem Radio Polonia hatten besonders im Westen Deutschlands eine große
Hörergemeinde.
Doch die Kurzwelle ist weitgehend
verschwunden. Neben Spezialempfängern findet man sie nur noch auf den kleinen
"Weltempfängern" für den Urlaub. In der Hi-Fi-Anlage ist KW nicht
mehr vorgesehen. Und doch - die Auslandssender existieren weiter. Radio Polonia feiert jetzt sein 70jähriges Bestehen. Und immer
noch wird auf Kurzwelle gesendet - aber nicht nur dort. Der Sender ist jetzt
auch über Satellit zu empfangen und in einigen UKW-Netzen. Und natürlich im
Internet.
Die Geschichte von Radio Polonia begann 1936. Schon nach der Gründung des Polnischen
Rundfunks (Polskie Radio) 1925 gab es ein Programm
für im Ausland lebende Polen. Zuerst nur in polnischer Sprache, dann - von
Vilnius aus gesendet - in Litauisch und Belorussischer Sprache. 1936 nahm dann
Radio Polonia als offizieller Auslandsdienst des
Polnischen Rundfunks die Sendung auf. Bald konnte man die Stimme des damals
noch keine 20 Jahre wieder erstandenen Staates auch auf Deutsch, Tschechisch,
Englisch, Ungarisch und kurz vor Ausbruch des 2. Weltkrieges sogar auf
Italienisch und Portugiesisch hören. Gesendet wurde damals über sieben
Kurzwellen- und eine Langwellenstation.
Bereits zum Jahreswechsel 1944/45
startete Radio Lublin im befreiten Teil Polens wieder
tägliche Sendungen auf Polnisch, Englisch und Französisch. Im August 1945 zog
der Sender wieder nach Warschau, wo ein tägliches zweistündiges Programm
ausgestrahlt wurde. Bis 1949 war es schon auf 10 tägliche Sendestunden
angewachsen.
Anfang der 50er Jahre starteten
dann die weiteren Sprachprogramme, auch auf Deutsch wurde wieder gesendet. 1956
hatte der polnische Auslandsrundfunk 613 Mitarbeiter, die täglich 68
Programmstunden in Englisch, Dänisch, Griechisch, Finnisch, Französisch,
Spanisch, Deutsch, Russisch, Italienisch und Türkisch produzierten. In den 60er
Jahren kam dann auch Arabisch hinzu.
Über sogenannte
OSL-Karten entstand Kontakt zwischen den Hörern und
den Sendern. Die Buchstabenkombination "QSL" ist ein Q-Code aus der
Morsetelegrafie und bedeutet "Ich sende Ihnen eine
Empfangsbestätigung". Meist waren die Karten von den Funkamateuren
originell gestaltet. Sinn dabei war, dass der Empfänger sehen konnte, wie die
Empfangsqualität an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit war. Dies
genau war nun auch für Auslands-Rundfunkstationen wichtig. Anhand solcher
Empfangsberichte konnte man Sendeleistung und Abstrahlung passend ausrichten.
Um jedoch kontrollieren zu können, dass tatsächlich die Sendung empfangen
wurde, sollte eine kurze Inhaltsangabe der Sendung gegeben werden. Als Antwort
gab es wiederum Bestätigungskarten der Sender, manchmal aber auch kleine
Präsente. Darüber hinaus entstand so aber auch ein Austausch zwischen Hörern
und Sender über die Programminhalte. In den 60er Jahren gingen bei Radio Polonia jährlich über 120.000 Hörerbriefe ein. Und auch der
Autor dieses Artikels hatte Anfang der 70er Jahre regelmäßig mit der damals
zuständigen Redakteurin für Hörerkontakte bei der Deutschen Redaktion von Radio
Polonia, Frau Jasiczek,
korrespondiert.
Obwohl Kurzwelle heute eine
geringere Rolle spielt, gibt es die Empfangsberichte und Hörerbriefe immer
noch. Nur dass sich heute vieles per Internet abspielt. Auf der Website des
Senders ist ein Formular für den elektronischen Empfangsbericht vorhanden. Aber
auch Hörerpost gibt es nach wie vor.
Auch heute ist Radio Polonia die einfachste Möglichkeit, sich aus Polen
informieren zu lassen. Aufgabe des Senders ist es weiterhin, aus Polen über
Polen zu berichten - ohne Sprachbarrieren. Heute unterhält Radio Polonia Redaktionen für Englisch, Deutsch, Russisch,
Ukrainisch, Belorussisch und die einstmals von einem Polen entwickelte
Kunstsprache Esperanto. Die Sendungen bestehen aus Nachrichten, einer
Presseschau, Kommentaren und Auslandsberichten, Interviews und Diskussionen,
aber auch Literatur- und Musikbeiträgen.
Seit 2002 wird nun Radio Polonia auch über den internationalen Dienst World Radio Network (WRN) übertragen. So kann der Sender heute in
Deutschland auf verschiedenen Wegen empfangen werden (Achtung alle Zeitangaben
in UTC Weltzeit, (UTC + 2 Stunden =
Mitteleuropäischen Sommerzeit). :
o Auf Kurzwelle im Bereich von 25
bis 51 Meter (11.30-12.00 UTC auf 31,5m und 50,29m, 16.30 - 17.00 UTC auf
41,26m, 19.30 - 20.00 UTC auf 41,43m und 49,09m)
o Im DVB-System (11.30, 16.30 und
19.00 UTB) über den Satelliten HOT BIRD: 13 Grad Ost, 12,284 MHz Polarisation
horizontal, FEC 3/4, Symbolrate 27,500, Audio PID 773. Das Signal ist nicht
verschlüsselt
o Im Großraum Berlin auch
terrestrisch von Dienstag bis Freitag um 22 Uhr UTC auf der UKW-Frequenz 97,2
MHz
o Und über World-Net-Radio
13.30-14.00, 16.00-16.30 (außer Samstag) und 22.00-22.30 UTC Analog auf ASTRA 1B, 19,2 Grad Ost, Transponder 27, 11,612 GHz horizontal, Tonunterträger 7,38
MHz sowie Digital auf Eutelsat HOT BIRD 6, 13 Grad Ost, 12,597 GHz vertikal,
Symbolrate 27,500, FEC ¾
o Im Internet:
http://www.polskieradio.pl /st/RadioPolonia.asx, von
6.30 und 11 Uhr UTC auf Deutsch.
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