Liebe Leserin, lieber
Leser!
Das deutsch-polnischen Verhältnis
hat sich in den letzten Monaten deutlich verschlechtert. Vordergründig könnte
man die Verantwortung dafür in Warschau suchen und in der Tat, einige
Entscheidungen der polnischen Regierung haben zur Verschlechterung des Klimas
deutlich beigetragen. Die Vorwürfe von deutscher Seite - die polnische Regierung würde aus
innenpolitischen Gründen antideutsche Stimmungen instrumentalisieren, trifft
sicherlich auch zu. Das ist auch kein Wunder, wenn man sich die ideologisch
nationalistischen Grundlagen der jetzigen Regierung ansieht. Um diese
nachvollziehen zu können, haben wir einen Beitrag dokumentiert, der zweierlei
zeigt: Zum einen eine weitgehend berechtigte Kritik an der ungerechten
Darstellung Polens in Deutschland und zum anderen das tumbe nationalistische
Denken, das dieser Kritik zu Grunde liegt.
Überhaupt werden Sie in dieser
Ausgabe zu verschiedenen die deutsch-polnischen Beziehungen aber auch die
polnische Innenpolitik betreffenden Aspekte von uns aus dem Polnischen übersetzte
Beiträge bzw. Auszüge finden. Sie zeigen, dass die Probleme in Polen durchaus
äußerst kontrovers diskutiert werden, auch wenn es zur Zeit
keine organisierte politische Kraft liberalen oder linken Zuschnitts mit
größerer Durchschlagskraft gibt. Es ist ja beispielsweise interessant, dass
trotz aller Probleme zwischen unseren beiden Ländern die Zuneigung zu
Deutschland und den Deutschen in der polnischen Bevölkerung deutlich gewachsen
ist. In Deutschland ist der Trend bezüglich der Akzeptanz Polens und der
polnischen Menschen leider umgekehrt. Durch Grußreden auf Veranstaltungen des
Bundes der Vertriebenen unterstützt die deutsche Regierung
geschichtsrevisionistische Positionen, die auch in Teilen der Bevölkerung Fuß
fassen, die Proteste dagegen weist sie als überempfindlich und
deutschenfeindlich zurück. Dabei zeigen scheinbare ‚Unachtsamkeiten' wie die
Anordnung der Bundesregierung zur bundesweiten Beflaggung zum Tag der Heimat,
die auch KZ-Gedenkstätten und das Holocaust-Denkmal Berlin einschloss, durchaus,
dass Achtsamkeit gegenüber dieser deutschen Regierung angebracht ist. Auf der
Linie "Geschichtsrevision" lag auch die Rede eines
Regierungsvertreters in Buchenwald, der sich dort breit über das Leid der
deutschen Vertriebenen ausließ, ohne auf das ehemalige KZ-Buchenwald und seine
Insassen einzugehen. Nur, hier gab es eine erfreuliche Reaktion auf deutscher
Seite: Das Publikum protestierte so lange, bis der feine Herr seine Rede
abbrach und ging…
In diesem Sinne Ihr
Wulf Schade