Neuer Botschafter Polens in Deutschland

 

Der polnische Staatspräsident Lech Kaczyński hat den Deutschland-Experten Marek Prawda zum neuen Botschafter seines Landes in Deutschland ernannt. Prawda tritt die Nachfolge Andrzej Byrts an, der den diplomatischen Dienst verlassen musste, da er in jungen Jahren während seines Auslandsstudiums Berichte für den kommunistisch kontrollierten Geheimdienst geliefert haben soll. Prawda war bereits von 1992 bis 1998 Attache der Botschaft Polens, die sich damals in Köln befand. Es wird sein zweiter Botschafterposten, er leitete bereits die Vertretung in Stockholm.

Zumindest bei der nationalistischen Tageszeitung "Nasz Dziennik" stößt die Berufung von Marek Prawda zu Polens neuem Botschafter in Berlin auf wenig Begeisterung. Für diesen Mann, der aus dem Umkreis der liberalen Freiheitsunion (UW) entstamme, zähle die Liebe zu Deutschland mehr als die Interessen Polens, argwöhnt die Zeitung. Bereits als Gesandter in Deutschland habe sich Prawda mehr mit "jüdischen Problemen" befasst, als um die Angelegenheiten der Polen gekümmert.

Prawda gehört zu den Quereinsteigern, die während der ersten Solidarność-Regierung Anfang der neunziger Jahre in den bis dahin völlig von Parteikadern beherrschten diplomatischen Dienst kamen. Besonders gefördert wurde er vom zweimaligen Außenminister Władysław Bartoszewski. Prawda hatte Soziologie und Geschichte studiert, darunter zwei Semester noch zu DDR-Zeiten in Leipzig. Er ist ein Schüler des Warschauer Historikers Jerzy Holzer, der, wie Bartoszewski, äls einer der Vertreter der Kriegsgeneration durch zahlreiche Publikationen einen wichtigen Beitrag zum deutsch-polnischen Dialog geleistet hat. Prawda selbst hat mehrere Artikel dazu verfasst. So schrieb er vor seinem Eintritt in das Außenministerium für die in Olsztyn erscheinende Zeitschrift “Borussia”, die sich der Entdeckung des gemeinsamen deutsch-polnischen Kulturerbes verschrieben hat. In unserer Zeitschrift veröffentlichten wir in der Nr. 1/1998den Artikel “Der Umgang mit dem Fremden”, in dem Prawda die zunehmende Differenzierung der polnischen Gesellschaft nach 1989 und die damit verbundenen Schwierigkeiten darstellte, dabei aber diese Pluralisierung als Chance für eine offene, kritikfähige Gesellschaft bezeichnete.

w.s.