Liebe Leserin, lieber Leser!

Die Vielschichtigkeit der deutsch-polnischen Beziehungen bringt es manchmal mit sich, dass man als kritische Begleiterin der deutschen Politik gegenüber Polen - als solches verstehen sich ja POLEN und wir wie auch die Deutsch-Polnische Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland - in bizarr erscheinende Bündnisse gerät. So geschieht es uns zur Zeit, die wir seit Jahrzehnten fordern, dass Deutschland ohne wenn und aber die Verantwortung für den von ihm vor über 60 Jahre ausgelösten und geführten Krieg gegenüber Polen übernimmt - auch in materieller Hinsicht. Erst nur aus offen revanchistischen Gründen, dann auch aus kurzsichtigen opportunistischen Gründen wies man das von deutscher Seite zurück, letzteres sicher noch genährt durch die Politik Polens nach 1970 bzw. 1989. Jetzt, wo sich die Preußische Treuhand anschickt, Eigentumsprozesse vor dem Europäischen Gerichtshof anzustrengen, zeigt sich die liberale Öffentlichkeit in Deutschland wie in Polen erschrocken, während polnische rechte Parteien diese daraus resultierenden Gefahren zu Recht deutlich machen, aber für ihre oft nationalistischen Interessen zu instrumentalisieren versuchen. Lesen Sie dazu den Beitrag und die anschließende Dokumentation einer Sejmdebatte aus dem Januar 2007 zu diesem Thema. Ähnlich verhält es sich mit einem anderen Thema: dem alltäglichen Zusammenleben polnischer und deutscher Menschen in Deutschland. Auch hier auftretende Probleme werden instrumentalisiert, wobei oftmals berechtigte Beschwerden dem nationalistischen Pathos zum Opfer fallen. Ein offener Brief des Polnischen Sozialrates weist hierauf hin.

Diese kritischen Themen dürfen aber nicht den Blick darauf verstellen, dass es in den deutsch-polnischer Beziehungen auch vielfältig Austausch, Diskussion, Information und Zusammenarbeit auf der ‚untersten' Ebene des Zusammenlebens gibt. Dieses Leben bildet quasi den Gegenpol. Deshalb informieren wir häufig über polnische Literatur, stellen Beispiele für gemeinsame Projekte vor. So wird im Artikel zum Freiwilligen Jahr in Polen deutlich, wie schnell die Menschen aufeinander zugehen, wenn gegenseitiger Respekt vor  einander Ausgangspunkt ist. Die Beiträge über ein freies Theater in Berlin wie auch ein Bremer Filmprojekt machen deutlich, dass eine Zusammenarbeit nicht nur möglich ist, sondern auch funktioniert. Auch hier ist gegenseitiger Respekt fern ab von nationalistischem Pathos die Voraussetzung.

In diesem Sinne alles Gute

Ihr Wulf Schade