Martin Pollack
- Journalist, Übersetzer und Autor
Von Udo Kühn
Martin Pollack (*1944) studierte
Slawistik und osteuropäische Geschichte in Wien. Er lebt in Bocksdorf im
österreichischen Südburgenland auf einem Bauernhof und ist als Journalist,
Übersetzer und Autor gleichermaßen tätig. Zwei Jahrzehnte hindurch hat er
kontinuierlich Bücher von Ryszard Kapuœciñski
ins Deutsche übertragen und damit diesem polnischen Autor im deutschen
Sprachraum Aufmerksamkeit und einen breiten Leserkreis erschlossen. Darüber
hinaus hat er Werke anderer wichtiger Autoren ins Deutsche übertragen, u.a. von Henryk Grynberg, Wilhelm
Dichter, Michal G³owiñski und Daniel Odija. Zwischen
1987 und 1998 war Martin Pollack Korrespondent des Nachrichtenmagazins „Der
Spiegel“ in Warschau.
Besonders beeindruckend ist
Pollack als Autor mit den Büchern „Anklage Vatermord. Der Fall Philipp
Halsmann“ (2002), "Der Tote im Bunker. Bericht über meinen Vater"
(2004) und jetzt die neu erschienenen Reportagen „Warum wurden die Stanislaws
erschossen?“ (Paul Zsolnay Verlag, Wien 2008).
Die Reportage „Jäger und
Gejagter. Das Überleben der SS-Nr.107 136“ aus dem neuesten Werk hat mich
besonders gefangen genommen: „Leszczynski hat nie
Geschichte studiert, und er hat auch nicht viel übrig für Berufshistoriker, die
sine ira et studio Betrachtungen über historische Zusammenhänge anstellen oder
Fakten und Daten zusammentragen. Er ist parteiisch und mit der Erregung des
persönlich Betroffenen bei der Sache, die ihn seit Jahrzehnten im Bann hält. In
unermüdlicher Arbeit hat er ein Archiv zusammengetragen, das eigentlich nur
über eine einzige Person Auskunft erteilt: Rolf-Heinz Höppner. Ein imposantes
und einmaliges Höppner-Denkmal, Originaldokumente, Fotokopien, Mikrofilme,
Zeitungsausschnitte usw., insgesamt mehr als 14000 Seiten, und alles in
irgendeinem Bezug zur Person Höppners und seiner Tätigkeit im Warthegau von
1940 bis 1944.“ Bei einem Prozess in
Posen bekam Höppner lebenslänglich. 1956 - nach dem polnischen Oktober - kam
die große Amnestie, Anfang 1957 kam Höppner frei. Paul Jandl schrieb am 11.
März 2008 in der Neuen Zürcher Zeitung: „Pollacks Stil hat eine erzählerische Klarheit, die nie mit dem Ernst seiner Stoffe
konkurriert.“
Die „Kleine Zeitung“ [Österreich]
schrieb in ihrer Serie „Gespräche über Gott“ zu Ostern 2008:
„Über dem Leben von Martin
Pollack liegt ein dunkler Schatten. Dieser Schatten ist sein Vater, der schwere
Schuld auf sich geladen hat, weil er einem Gott verfallen war, der Eisen
wachsen ließ. Der Sohn hat sein Schaffen unter das Zeichen der Sühne gestellt.“
Aber auch sein übersetzerisches Engagement ist enorm, so dass er im Jahre 2007 zusammen mit Tadeusz Zatorski - ein polnischer Übersetzer vom Polnischen ins Deutsche - den Karl-Dedecius-Preis der Robert Bosch Stiftung für deutsche und polnische Übersetzer im Deutschen Polen-Institut in Darmstadt erhielt.