Das
Maximilian-Kolbe-Werk
Von Udo Kühn
Im ZEIT-Lexikon von 2005 erfährt man über Maksymilian Maria Kolbe,
eigentlich Rajmund Kolbe, dass er ein polnischer Franziskanerkonventuale war,
und 1941 wegen seiner Hilfeleistungen für Flüchtlinge, darunter viele Juden,
verhaftet wurde. Am 14.8.1941 wurde er im KZ Auschwitz ermordet. Er bewahrte
einen zum Tode verurteilten Mithäftling, den Familienvater Franciszek
Gajowniczek (gestorben 1995), vor dem Tod, indem er sich erbot, für ihn zu
sterben. Der 14. 8. ist ein Heiliger Tag. Über das Maximilian-Kolbe-Werk ist in
dem umfangreichen Zeit-Lexikon nichts zu finden. Dabei besteht diese
Einrichtung unter dem Namen Maximilian-Kolbe-Werk bereits 35 Jahre. Vorläufer
war die „Solidaritätsspende der Pax Christi“. Die Arbeit des
Maximilian-Kolbe-Werkes verlief sehr still und wurde nur wenig in der
Öffentlichkeit erwähnt.
„Nach 1945 gehörten deutsche und
polnische Katholiken bei der schwierigen Wiederanknüpfung gegenseitiger
Beziehungen [zwischen Polen und der BRD] zur ‚Avantgarde der Versöhnung'. Sie
begannen den Dialog über den ‚Eisernen Vorhang' hinweg und wagten gleichsam
eine eigene ‚zivile Außenpolitik', unter nicht geringen Risiken. Im
Maximilian-Kolbe-Werk fand 1973 diese bedeutende historische Leistung vieler
Einzelner eine institutionelle Form. Ohne die jahrelangen stillen Vorarbeiten
vieler Laien und ohne den spektakulären Briefwechsel der deutschen und
polnischen Bischöfe im Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils 1965 wäre auch
fast 30 Jahre nach Kriegsende dieser Schritt der Versöhnung noch nicht möglich
gewesen. Die Gründung des Maximilian-Kolbe-Werks ermöglichte die moralisch
längst fällige individuelle Wiedergutmachung an den polnischen Opfern der
Konzentrationslager, die seitens aller Bundesregierungen ausgeblieben war
(...).“
Zu diesem Schluss kommt der
polnische Autor Arkadiusz Stempin in seinem umfangreichen Werk aus dem Jahre
2006, erschienen als Veröffentlichung der Kommission für Zeitgeschichte, Reihe
B, Band 107 bei Ferdinand Schöningh.
Er zitiert einen
Pax-Christi-Aufruf: „'Es kann keinem Deutschen, der sich denen, die in den
Kerkern und Lagern gelitten haben, in Hochachtung und Solidarität verbunden
fühlt, gleichgültig sein, daß von den Überlebenden, die in jenen Ländern zu
Hause sind, im Laufe der Jahre immer mehr sterben, ohne daß das Unrecht an
ihnen wenigstens materiell in etwa wiedergutgemacht worden wäre'. Dies war
schon ein Programm und erbrachte für den Fonds 10.500 DM.(...) Auf derselben
Präsidiumssitzung am 19. Dezember 1964, beschloß Pax Christi, begleitend zur
Errichtung des Fonds eine Erklärung abzugeben, in der sie die Bundesregierung aufforderte,
unverzüglich Schritte zu unternehmen, damit auch jenen Opfern der
nationalsozialistischen Verfolgung Entschädigung zuteil werde, die in Ländern
lebten, mit denen die Bundesrepublik keine diplomatischen Beziehungen
unterhielt. (...) Aber dieser Resolution widerfuhr das gleiche Schicksal wie
zahlreichen anderen Denkschriften. Falls sie überhaupt in die oberen
politischen Etagen gelangte, hinterließ sie dort keine Wirkung (...).“ Im Jahre
2004, also 40 Jahre später, hatte das Maximilian-Kolbe-Werk Gesamteinnahmen von
1.763.395,36 €, die sich auf die verschiedenen Ausgabenressorts und Projekte
verteilen. [Rechenschaftsbericht aus dem Rundbrief vom Juli 2005]
Erst in neuerer Zeit wird diese
Arbeit zunehmend gewürdigt: So erhielt das Maximilian-Kolbe-Werk am 18.
November 2007 in München den Preis „Gegen Vergessen - Für Demokratie“ in
Anerkennung der geleisteten Versöhnungsarbeit. Die Laudatio hielt Dr. Marek
Prawda, Botschafter der Republik Polen. Zu Beginn seiner Rede zitierte er aus
der größten polnischen Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“ vom 6. Februar 2000: „Freitag Nacht starb Elisabeth Erb, eine Deutsche, die Polen
herzlich unterstützte. Geboren 1932 und Lehrerin von Beruf, arbeitete sie seit
1983 ehrenamtlich als Geschäftsführerin des Maximilian-Kolbe-Werks. Diese
Funktion übernahm sie von ihrem Vater Alfons Erb, dem Gründer dieser deutschen
Organisation, die die vom Hitler-Regime besonders gezeichneten Polen, Russen,
Ukrainer und Weißrussen unterstützte. Sie reiste nach Polen und führte mit
ehemaligen Häftlingen Interviews durch. Sie verbrachte viele Stunden mit ihnen
und hielt ihnen die Hand.“
Er schloss seine Ansprache mit
den Worten: „Manchmal stellen wir uns die Frage: Wie viel Geschichte braucht
ein Volk, um mit sich selbst und den Nachbarn gut auszukommen. So viel, um
Geschichtsschwund zu verhindern, aber auch deutlich zu machen, dass es vor
allem auf das Leben ankommt. Dem Maximilian-Kolbe-Werk verdanken wir diese und
viele andere Lektionen, die im deutsch-polnischen Verhältnis, aber auch in der europäischen
Debatte, unverzichtbar sind. Das Werk verkörpert für mich und meine Generation
ein moralisches Mandat, das es weder gewollt, noch angestrebt hat. Dieses
Mandat ist ihm aber mit aller Selbstverständlichkeit zuteil geworden (...).“
Am 17. April 2008 erhielt nun das
Maximilian-Kolbe-Werk den Eugen-Kogon-Preis 2008 der Stadt Königstein im
Taunus.
Anschrift: Maximilian-Kolbe-Werk e.V., Karlstraße 40, 79104 Freiburg
Spendenkonto: 3034900, Darlehenskasse Münster, BLZ 40060265
Weitere Informationen auch im Internet unter: www.maximilian-kolbe-werk.de
WARSZAWA
Der letzte Blick
Vom 28. Februar bis 30. März 2008 wurde in Darmstadt eine
Ausstellung mit deutschen Luftaufnahmen aus der Zeit vor dem Warschauer
Aufstand im August 1944 mit beeindruckenden Fotos von der noch weitgehend
unzerstörten Hauptstadt Polens gezeigt, die erst 1983 an ein Marburger Archiv
gelangten. Für mich ist es schon etwas makaber, dass die Fotos von den
Streitkräften stammen, die später die Stadt so perfekt zerstörten. Wie dem auch
sei, besonders der begleitende Katalog, ein umfangreicher und großformatiger
Bildband mit Texten in deutscher und polnischer Sprache, hat hohen
dokumentarischen Wert. Er kann in einzelnen Exemplaren telefonisch oder per
E-Mail bestellt werden:
Dr. Andrzej
Kaluza, Deutsches Polen-Institut in Darmstadt : Telefon 06152-420217 oder
www.kaluza@dpi-da.de.
Titel des
Katalogs: Marek Barański, Andrzej Soltan: WARSCHAU - Der letzte Blick,
Deutsche Luftaufnahmen entstanden vor August 1944, Historisches Museum der
Stadt Warschau, Warszawa 2004 (Preis € 20,- plus Versandkosten) u.k.